Wie bereits erwähnt werdet ihr hier (hoffentlich einigermaßen regelmäßig) an meinen Erlebnissen und Erfahrungen teilhaben können. Dabei wird der aktuellste Eintrag oben aufgelistet.
Viel Spaß beim durchlesen ;)
Da ist
auch schon der für uns inzwischen normale Unterricht vorbei. Es ging dann doch alles viel schneller als gedacht und das Sprichwort „aller Abschied fällt schwer“ passt erneut wie die faust aufs Auge.
Gleichzeitig steht mit der Summerschool aber auch schon der vorletzte Abschnitt ganz-viel-zu-kurz vor der Tür und wir stecken mitten in den letzten Planungen für eben diese.
But
first things first. Wir hatten schon für sehr lange Zeit nachgefragt, wann denn die Schulferien beginnen würden. Denn in den letzten Jahren war immer schon gegen Ende Mai die Schule (zumindest für
die Lehrer) vorbei, da die Schüler dann eine Praktikumszeit hatten. Doch wie das an unserer Schule nun mal so ist, konnte uns nie jemand eine Antwort geben. Also haben wir einfach in der Hoffnung
weiter unterrichtet, dass uns irgendwann mal jemand Bescheid geben würde. Wie naiv wir doch mal wieder waren, natürlich kam auch in den nächsten Wochen keine Antwort. Doch wir mussten nun einen
Termin für die inzwischen fünfte Summerschool festlegen, also haben wir einfach auf gut Glück einen Termin festgelegt. Tatsächlich hatten wir diesmal auch Glück, eine Woche später haben wir von einer
Schülerin erfahren, dass die nächste Woche unsere letzte sein würde.
Nun
wollten wir natürlich keinen normalen Unterricht mit den Schülern durchziehen, sondern eine möglichst nette Abschiedsstunde vorbereiten. Letzten Endes haben wir hauptsächlich gesungen, sowohl
chinesisch als auch auf Englisch. Außerdem habe ich ein paar Süßigkeiten oder Obst für die Schüler mitgebracht, im Gegenzug sollten sie mir etwas in ein Buch schreiben, welches ich mitgebracht habe.
In diesem Erinnerungsbuch stehen nun viele englische „wish you luck every day“s, „I love you“s oder „miss you“s neben haufenweise Chinesischem, das ich mir noch übersetzten muss. Hauptsächlich sind
das aber wohl Namen und ein paar nette Wünsche. Ein paar Hände oder Herzchen haben es auch noch auf die Seiten geschafft, außerdem ein Reichsadler mit der Bildunterschrift „HERZLICHEN GLÜCKWUNSCH ZUM
GEBURTSTSAG“. Auf den bin ich irgendwie besonders Stolz :D . Natürlich wollen die Schüler dann auch gerne noch Bilderr mit mir sowie ich mit ihnen machen. Zusätzlich habe ich den Klassen noch meinen
WeChat Account gegeben, wodurch ich nun über 100 neue freunde in diesem sozialen Netzwerk habe, welche mich andauernd anschreiben. Zu guter Letzt habe ich am Wochenende alle Bilder, die ich mit den
Klassen gemacht habe, ausgedruckt und ihnen mit einem „我要去想念你们“
(Ich werde auch vermissen) beschriftet geschenkt. Bei alledem war Tom übrigens nicht anwesend, der ist gerade noch in Pu’er. Das war aber auch echt nicht schlimm.
Der ganze Abschied war dennoch recht schwer für mich, besonders, wenn einem die Schüler auch beim rausgehen noch nachrufen, dass sie mich vermissen werden oder sie mich ja bald wieder
sehen…
Zweitens kommt bald die Summerschool. Genauer gesagt in sieben Tagen. Diese ist eine Nachhilfeschule im Sommer für unsere Slumkinder und deren Geschwister. Ursprünglich hatte das Slumkidsprojekt
sogar so angefangen, Fiona Hahn, eine Freiwillige aus der dritten Generation, hatte gute Kontakte zum damaligen Schulleiter und zu den Kindern im Slum. Also hatte sie mehr oder weniger spontan
organisiert, dass sie die Räume in der XiaoShaBa Gundschule im Sommer für einige Wochen nutzen konnte, um den Kindern zumindest ein bisschen Schulbildung zu ermöglichen. Während also eigentlich
gar kein Patenschaftsprojekt mit einer echten Einschulung geplant war, ist doch irgendwie eines zum anderen gekommen und am Ende konnten 19 Slumkider eingeschult werden. Seitdem hat es in jedem
Sommer eine neue Summerschool gegeben, die immer besser durchstrukturiert wurde. Denn sie war nach wie vor eine gute Möglichkeit, um den Kindern noch einmal zu helfen und dafür zu sorgen, dass
sie in der Schule nicht abgehängt werden. Außerdem können wir so feststellen, welche neuen (Geschwister-)Kinder ins Projekt aufgenommen werden könnten.
In diesem Jahr soll die Summerschool über vier Wochen ab Juli gehen. Da wir aber nur zwei Freiwillige in Liuku sind, sind wir stark auf die Hilfe der Freiwilligen
aus den anderen Provinzen angewiesen. Doch das stellt kein Problem dar, einige sind sogar jetzt schon hier. Neben den deutschen Freiwilligen, die Englisch unterrichten werden, brauchen wir noch
chinesische Helfer für Mathe, Sport, Kunst, Naturwissenschaften und eben Chinesisch. Doch die haben wir inzwischen auch schon fast alle gefunden. Doch es gibt wirklich vieles zu bedenken:
Unterkunft, Essen für die Kinder, Fahrten zur Schule, Stundenpläne, Regeln, Zertifikate, Anreisen, Finanzen und und und… Viele von diesen Aufgaben sind schon geregelt, einige müssen noch. Ich
hoffe einfach, dass das alles klappen wird.
Sehr viel mehr gibt es dann jetzt auch nicht mehr zu schreiben – in fünf Wochen beginnt meine letzte zeit, die ich mit Reisen verbringen werde, dann geht’s auch schon wieder zurück nach
Deutschland. Ich hoffe, dass ich euch während der Summerschool auf dem Laufenden halten kann, ansonsten gibt’s vorm Reisen aber noch einen Abschlussbericht.
Also bis dann,
Malte
An
dieser Stelle muss ich den neuen Eintrag mal etwas anders einleiten. Denn gerade sitze ich mit einem Milchshake und meinem Laptop auf dem Dach eines 32 stöckigen Hochhauses und kann auf das
nächtliche Liuku herunterblicken. Kleine gerbe Lichter fahren mit leisem Gebrumm umher während große bunte Lichter die Fassaden der Hotels und KTV’s beleuchten. Die Neonröhren werden zusammen mit den
Starnen in der Strömung des Nujiang reflektiert, ab und zu kann man ein paar zweibeinige Schatten durch die Straßen huschen sehen. Die Geräusche dringen nur gedämpft herauf. Von hier oben wirkt alles
klein und unbedeutend.
Wenn ich hier also keine Inspiration zum Schreiben finde, dann weiß ich auch nicht…
Das besagte Hochhaus ist eines der „TwinTowers“ (So heißen die hier nun mal) und einer meiner neuen, absoluten Lieblingsplätze, sei es bei tag oder bei Nacht.
Während man in Deutschland wohl auf mindestens ein Dutzend Warnhinweise stoßen würde (--> Zutritt verboten --> Achtung, Lebensgefahr --> Hier bitte nicht springen…), ist das hier für niemanden ein Problem. Selbst nicht
für die Torwächter, die mich beim dritten Vorbeischneien gefragt hatten, ob ich hier Freunde von mir wohnen würden. Allgemein gibt es in China deutlich weniger Regulierungen als in der Heimat;
man hält sich im Allgemeinen einfach an den gesunden Menschenverstand. Doch zurück zum Thema.
Ic wollte schon lange mal auf eines dieser Hochhäuser, man kennt mich ja – ich habe eine Schwäche für Höhen und Flachdächer. Aber keine Angst, ich versuche nicht, von einem zum anderen zu
springen. Inzwischen komme ich ab und zu vorbei, um ein Buch zu lesen oder einfach von einer etwas anderen Perspektive ausspannen zu können.
Doch dieser Platz ist nicht mein einziger neu entdeckter Lieblingsort. Da es an sonnigen tagen nun richtig heiß wird, habe ich lange zeit auf die Öffnung eines der Freibäder gewartet. Als es dann endlich soweit war, gab es kein Halten mehr für mich und seitdem gehe ich ungefähr dreimal die Woche dort Schwimmen. Doch nicht nur die allgemeine Hitze zieht mich dort hin. Die ganze Anlage ist wunderschön gestaltet: zum Beispiel wachsen Ranken, die mehr aus Blüte als Blatt bestehen, an den Beckenrändern und dem Pavillon. Das Wasser dort ist nicht gechlort – es ist noch nicht mal Leitungswasser. Stattdessen wird ein Teil des Bergwassers als dem Zulauf mit dem Wasserfall in das Schwimmbecken umgeleitet. Dadurch ist das Wasser dann zwar nicht ganz so sauber und man fühlt sich eigentlich eher wie im See, aber das ist für mich als Ostseekind ja auch nicht schlimm. Außerdem kann man dort ein paar nette neue und alte Gesichter antreffen. Viele meiner Schüler habe ich schon antreffen und frische Kontakte schließen können. Übrigens sei an dieser Stelle erwähnt, dass wirklich viele Chinesen gar nicht schwimmen können. Da diese aber trotzdem nicht auf den Plantschspaß verzichten möchten, tragen sie halt Schwimmflügel. Folglich siht man nicht seltenn einen erwachsenen Mann mit orangen Gummiringen um die Arme ins Wasser hüpfen. Frauen bleiben dabei übrigens eher im Nichtschwimmerbereich. Für meine deutschen Augen war das anfangs schon noch etwas ungewöhnlich, allerdings gewöhnt man sich echt schnell an alles, wenn man regelmäßig Menschen in Schlafanzug und Badelatschen einkaufen gehen sieht.
Noch
eine kurze Anekdote zum Schwimmbad, dann höre ich auch davon auf: Als ich heute davor stand und gewartet habe, dass es aufmacht (es öffnet erst um 11:00, welch Frechheit), sprach mich ein Mann
an. Dieser wusch dort gerade sein Auto, mit über dem Bauch hoch gerolltem T-Shirt, das ist sehr in Mode. Nach ein paar ausgetauschten Worten fragte er mich, wie alt ich denn sei. Nun kann ich
inzwischen mir 二十,
also 20 antworten, was ich auch gleich tat. Daraufhin fragte er mich interessiert, ob ich denn eine Ehefrau hätte. Etwas perplex verneinte ich die Frage; selbst für chinesische Verhältnisse ist
20 noch ein sehr frisches Alter zum Heiraten. „Nun“, meinte er dann, „hier gibt es gute, schöne Lisu-Frauen…“. Es wurde zwar schon des Öfteren (mehr oder weniger ernsthaft) versucht, mich mit
einer Chinesin zu verkuppeln, aber bis zur Heirat bin ich vorher noch nie gekommen. Auch mal eine neue Erfahrung.
Eben
gerade hatte ich kurz meinen Geburtstag angesprochen; dieser war, abgesehen vom Abend, nicht sehr besonders, was jetzt aber auch nicht soo schlimm ist. Doch in den späteren Stunden durfte ich dem
Abschluss des zweiten Kulturfestes unserer Schule beiwohnen. Diesmal ging es über 4 Tage, aber das hat eigentlich vor allem viel Freizeit bedeutet. Es gab nur drei Aufführungen: den Dance-contest“
zum neuen Morningdance, ein Gesangswettbewerb und den Abschluss mit Tanz und Musik. Zusätzlich gab es an zwei Tagen noch einen kurzen Englischwettbewerb beziehungsweise Spiele, bei denen wir sogar
mithelfen durften. Besonders erwähnenswert ist aber vor allem der letzte Abend, bei dem jede gruppe von Schülern das machen durfte, was sie wollten. Von Comedy bis Hip-Hop. Sehr schön fand ich dabei
wieder einen der traditionellen Regenschirmtänze. Zwar etwas überdramatisch (es hatte etwas mit Regen zu tun, wer hätte es gedacht) aber hübsch anzusehen. Es gab ein paar tolle Lieder, aber der
letzte Act hat mich am meisten umgehauen. Während man allen anderen schon noch angesehen hat, dass sie von Schülern gemacht wurden (mal abgesehen von den Kostümen), hätte man den letzten auch für den
einer professionellen Gruppe halten können. Der tanz war eine kraftvolle und energiegeladene Mischung aus Kampfsport, Ballett und Zeitlupe. Leider kann ich das wirklich nicht gut beschreiben, ich
habe es gerade zehn Minuten lang versucht, meine kläglichen Bemühungen jedoch löschen müssen. Vielleicht finde ich den Namen dieser Art zu Tanzen ja noch heraus, dann werde ich den hier
ergänzen.
Auch
sehr bemerkenswert waren dabei die Outfits, die sich die Klassen gekauft haben, um innerhalb derer einheitlich auftreten zu können und dabei die Schuluniformen mal liegen zu lassen. Es gab gelbe DHL
T-Shirts und solche von Ferrari oder Nike. Besonders begeistert hat mich allerdings eines, bei dem das Dialogfenster abgedruckt war, das sich öffnet, wenn man am PC auf eine Mail rechtsklickt. Dazu
mal ein kleines Foto:
An dem Abend gab es eigentlich nur eine Sache, die mich extrem genervt hat: Die Insekten. Und damit zum nächsten Thema dieses Blogeintrages: Den Fliegeviechern
Liukus. Man möge an dieser Stelle übrigens die Qualität meiner Überleitungen würdigen – das kann eigentlich nur am örtlichen Quell der Inspiration liegen. Leider muss ich diesen jetzt jedoch auch
schon verlassen, sonst komme ich nicht mehr in unsere Schule rein, ab 24:00 ist das Tor dicht.
Also man stößt hier schon des Öfteren auf normales Getier wie Mücken oder Kakerlaken. Die sind zwar auch schon nervig, aber bei weitem nicht so schlimm wie die Plage, mit der wir nun seit Anfang
April kämpfen müssen. Wie aus dem Nichts kommen jeden zweiten oder dritten Tag riesige Horden von Insekten über die Stadt, die in den Dämmerungsstunden vom Licht angezogen werden. Von einer
Minute auf die andere fangen diese Viecher, die an eine Mischung aus Ohrenkneifer und Libelle erinnern, an, die Lichter zu verdunkeln. Und zwar im wahrsten Sinne des Wortes, denn es sind so
viele, dass einige der Scheinwerfer draußen nicht mehr wirklich durch sie hindurch scheinen können. Und dabei ist dieses Getier so unglaublich dämlich, dass man sich zwangsweise fragen muss, wie
eine solche Spezies überhaupt fortexistieren kann – vermutlich nur aufgrund ihrer unglaublichen Anzahl. Denn es kommt immer wieder vor, dass sie in einen Spalt oder Lücke fliegen, aus dem sie
dann nicht mehr rauskommen oder sie sich die Flügel abreißen. Diese hängen nämlich nur ganz dünn am Körper fest, sodass man, wenn man sie mit einem Handschlag verscheuchen will, danach vier
weitere dünne Flügelchen im Zimmer verstreut hat. Leider hält sie das aber auch noch nicht davon ab, denn danach krabbeln sie einfach weiter durchs Zimmer beziehungsweise klemmen sich wieder in
irgendeiner Spalte ein. Wirklich eine unglaublich nervige Angelegenheit.
Die anderen Insekten sind eher beeindruckend und zum Glück auch nicht ganz so zahlreich. In letzter zeit kommen viele, bunt schillernde und nicht zu kleine Käfer aus ihren verstecken gekrochen
und fangen an, in der Gegend herumzufliegen. Weiterhin kann man ab und du Heuschrecken begegnen, welche es durchaus auf die beachtliche Größe von über 10cm bringen können. Doch am meisten
beeindruckt hat mich eine riesige Motte, die für ein paar Tage über unserer Kantine hing. Leider kann man es auf dem Bild nicht so ganz erkennen, aber sie müsste mindestens eine Spannweite von
30cm gehabt haben. Und dazu noch ein ziemlich hübsches Tier.
UPDATE: Heute (13.06.) habe ich entdeckt, dass wir ein Fliegengitter an unserem Fenster haben. Nach fünf Monaten in der gelieben Garage. Aber Hey - besser spät als nie :D
Aber
genug davon, zuletzt möchte ich noch von einem kleinen Ausflug mit unserer Myanmar-Klasse berichten. Während es unterrichtstechnisch nicht viel Neues zu berichten gibt, konnten wir (Also Krisi und
ich) an einem Wochenende immerhin mit zwei unserer Klassen einen kleinen Ausflug zum 青山公园-Park
wo es dann neben tausenden Fotos mit uns ein Shaokao, also Grillen, gab. Während die Schüler also am bruzzeln waren, hatte ich mal kurz etwas weiter oben bei den Lehrern nachgeguckt, was die denn
so machen. Sie waren dabei, ein bekanntes chinesisches Kartenspiel zu spielen, das vielleicht ein klein wenig an Skat erinnern könnte. Da ich dieses schon während meines Urlaubes gelernt hatte,
konnte ich auch einige Runden mitspielen, was die Lehrer dann auch sehr lustig fanden. Da es hier in einer Männerrunde aber nicht ohne Alkohol geht, musste der Verlierer trinken – als etwas
später noch mehr Lehrer vorbeikamen, wurde dann auch das anspruchsvollere Spielen sein gelassen (welches man aber auch nur zu dritt tun konnte) und zu einem Trinkspiel übergegangen. Wozu erzähle
ich das alles? Nun, der Klassenlehrer der Myanmarklasse lag etwa eine Stunde später wortwörtlich unter dem Tisch und wurde von einigen Schülern betreut. Was mir dabei unglaublich seltsam vorkam,
war für sie wohl ganz normal. Naja…
So, jetzt gehe ich gleich mal was essen und danach – wer hätts gedacht – ins Schwimmbad. Dieser Eintrag hat etwas länger auf sich warten lassen, doch als
Begründung dafür möchte ich mich an dieser Stelle aus meinem letzten Artikel zitieren (ja, ich weiß, das ist jetzt schon ziemlich eingebildet): es „passiert im Moment aber nicht so viel
berichtenswertes“. Jetzt sind doch ein paar kleinere Geschichtchen passiert, aber auch bis zum nächsten Mal könnte es noch ein bisschen dauern.
Also bis dann :)
Ich
habs versprochen, also muss es jetzt auch mal kommen. Es kam der Wunsch nach einer Art Zwischenbilanz auf: - Wurden meine Erwartungen bisher erfüllt? – Was war gut und was schlecht? – Was möchte ich
noch erleben? – Habe ich eine Veränderung an mir selbst wahrgenommen?
Da es leider nur diesen einen Wunsch gab, werde ich mich diesen – zT nicht so ganz einfachen - Fragen wohl stellen müssen. Allerdings hätte ich das
früher oder später sowieso in den Monatsberichten gemusst.
Also
auf zur ersten Frage: Wurden meine Erwartungen erfüllt? Zur Beantwortung dieser habe ich mal kurz einen Abstecher auf die Infoseite gemacht, praktischerweise sind dort alle Erwartungen an
mein Jahr in China festgehalten. Erstens steht dort, dass ich die chinesische Kultur kennen lernen wollte. Dieser Wunsch wurde auf jeden Fall erfüllt. Das heißt jetzt natürlich nicht, dass ich schon
alles gesehen hätte – so anmaßend bin ich dann doch noch nicht. Aber dennoch konnte ich einiges an Eindrücken sammeln. Während ich in den ersten Wochen mit diesen regelrecht überhäuft wurde, hat sich
nach 3-4 Monaten ein gewisses Verstehen der Lebensweise eingestellt. Interessant ist dabei auch, dass ich bereits im August 2015 von chinesischen Kulturen geschrieben habe. Dass in einem so riesigen Land nicht alle Menschen gleich ticken, ist wohl ziemlich einleuchtend. Doch allein in der Provinz YunNan, die etwa so
groß wie Deutschland ist, habe ich so viele Kulturen kennen lernen dürfen. Da sind natürlich die Han, die mit etwas über 90% den größten Teil des chinesischen Volkes ausmachen. In LiuKu leben sehr
Menschen der Lisu-Minderheit, deren Lebensweise sich tatsächlich merklich von der der Han unterscheidet. Außerdem habe ich Einblicke in die Kulturen der Dai, Naxi, Bai und Lahu erhalten. Zusätzlich
bekommen wir auch manchmal etwas von Myanmar mit, welches gerade mal 15 km von uns entfernt ist. Beim Reisen in den Norden ist mir auch der tibetanische Einfluss aufgefallen. Diese Erwartung hätten
wir also schon mal abgehakt.
Der zweite Punkt bezieht sich auf die Menschen in China. Einige Bekanntschaften habe ich auf jeden Fall geschlossen – leider muss ich aber sagen, dass ich mir hier noch ein bisschen mehr erhofft hatte. Das hat mehrere Gründe: zu aller erst macht mir die Sprache mehr Probleme als zuerst erwartet. Richtige, etwas tiefgreifendere Gespräche kann ich nach wie vor nur auf Englisch führen. Leider können das hier nur sehr wenige sprechen und verstehen. Zusätzlich herrscht bei den im Vergleich zu uns Jüngeren eine Schüchternheit uns gegenüber, vielen Älteren sind wir (glaube ich) zu fremd. Gleich- oder etwas Ältere trifft man nicht oft an, da diese zum studieren oder arbeiten in andere Gegenden umziehen. Trotzdem versuche ich diesbezüglich das Beste und mittlerweile wird es einfacher, Leute kennen zu lernen.
Dafür wurden meine Erwartungen bezüglich der Natur noch übertroffen. Wie man wohl schon bemerken konnte, stehe ich absolut auf die Berge – und von denen gibt es
hier wirklich eine Menge. Fast jedes Wochenende mache ich mich inzwischen auf den Weg, einen neuen Gipfel zu erklimmen. Sei es hier in Liuku oder in der Umgebung – dazu am Ende auch noch ein paar
Worte. Auch die Pflanzen hier in YunNan sind wunderschön; an vielen Stellen blühen wilde Blumen, die man so in Deutschland nur als schnell eingehende Topfpflanzen kennt. Die riesigen Bambusgräser
versetzen mich auch immer wieder in Staunen, nicht nur wegen ihrem Aussehen, sondern auch durch das Rascheln, wenn der Wind sanft durch die dünnen Blätter fährt… Da wird man ganz poetisch :D Da
ganz Nujiang offiziell ein Naturschutzgebiet ist, sind die meisten Berge und Ebenen uneingeschränkt begrünt, wenn man sich ein bisschen von den Städten entfernt, sind viele der Wälder als
Urwälder zu erkennen.
Auch hinter dem Unterpunkt „Projekte“ steht auf meiner Liste ein dickes Häckchen. Das ist für mich natürlich vor allem das Slumkidsprojekt, das ich momentan koordiniere. Wir wurden während des
Vorbereitungsseminars davor gewarnt, dass wir uns nicht zu große Erwartungen an den entwicklungspolitischen Teil unseres Jahres in China machen sollten. Wir können die Welt nicht in großem Stil
verbessern und niemals allen helfen (Eigentlich sollte man sowieso aus diesem Helfergedanken rauskommen). Wenn es wirklich um Entwicklungshilfe ginge, könnte man das Geld sehr viel sinnvoller
einsetzen, als um einen Haufen Jungendlicher ins Ausland zu schicken. Auch wenn alle diese Punkte stimmen, ist das Slumkidsprojekt einfach super. Ich sehe den großen Unterschied, den die Bildung
bei den Kindern ausmachen kann – einen Ausweg aus dem Slum und Teufelskreis, in dem sie leben. Momentan sind es 38 (inoff. 39) Kinder, die in dem Programm sind. Das mag einigen erstmal wie eine
kleine Zahl vorkommen, im Vergleich zur Gesamtheit mag das auch stimmen. Aber es sind nun mal 39 Menschen, die die Chance auf ein besseres Leben erhalten. Für mich eine großartige Leistung in
knapp drei Jahren. Sollten außerdem LiuKu weiterhin besetzt werden, könnte man das Projekt noch vergrößern. Ich bin dankbar und stolz, dabei mithelfen zu können. Erneut wurden meine etwas
zurückgeschraubten Erwartungen übertroffen.
Darauf folgend steht hier, dass „ich mich selbst weiterentwickeln werde“. Ein Punkt, der sich in so einer Liste natürlich ganz schön macht, sich aber ehrlich gesagt ein wenig dahingesagt anhört. Man verändert – also entwickelt – sich ständig, warum habe ich das damals also als Erwartung aufgestellt? Sollte die Entwicklung, die ich in diesem Jahr mitmache, etwa zwanghaft gut sein? Aber Naja, dazu komme ich ja sowieso später noch drauf zurück, wenns darum geht, ob ich eine Veränderung an mir wahrgenommen habe.
Weiterhin
hoffe ich nach wie vor, dass man sich hier in China positiv an mich erinnert. Ich danke aber schon, dass das bei einigen der Fall sein wird – seien es unsere Schüler, Freunde, Slumkids oder
ChunGe vom Frühlingsfest, der mir ab und zu ein „Miss you“ schreibt
:)
Was war… …gut? Nun, um es mir einfach zu machen: natürlich alle erfüllten Erwartungen. Außerdem war auch die Entscheidung, nach LiuKu
zu gehen, gut. Ich muss hier wohl nicht noch einmal die positiven Seiten LiuKus erwähnen, das habe ich schon oft genug getan. Wir werden hier zwar immer wieder mit Schwierigkeiten konfrontiert,
von denen einige wirklich hart zu überwinden/überstehen sind. Aber was wäre ein leben denn schon ohne Herausforderungen!
Um ehrlich zu sein, würde ich, wenn mich jetzt jemand fragen würde, wo er in China seinen Freiwilligenaufenthalt machen solle, sagen, dass ich nach LanCang gehen würde (Gott waren das viele
Kommata, sorry). Die Menschen dort sind etwas aufgeschlossener Freiwilligen gegenüber und die Landschaft vergleichbar traumhaft. Die Stadt ist nicht zu groß und hat nicht so viele westliche
Einflüsse wie beispielsweise Pu’er, außerdem sind in der Region gleich drei Minderheiten neben den Han stark vertreten (Lahu, Wa, Dai), wodurch man viele verschiedene Kulturen kennen lernen darf.
Außerdem hat man die Möglichkeit, neue Projekte aufzubauen. Falls jemand allerdings sehr an den bestehenden Projekten in LiuKu interessiert ist… doch ich schweife ab.
Zusätzlich ist da noch die Krisi – die ist auch ganz gut :P
…schlecht? Vor allem ist da mein schleichender Fortschritt in der chinesischen Sprache, die ich ja schon angesprochen hatte. Sprachlich war ich ja noch nie der Überflieger, leider fehlt es mir hier auch oft an Motivation, gerade um alleine mit Buch oder Software zu lernen. Das liegt daran, dass bei mir mit diesen Methoden fast nichts hängen bleibt. Ich kann diese Sprache nur dann einigermaßen lernen, wenn sie mir jemand erklärt und mit mir spricht. Da wir jedoch kaum Kontakte in LiuKu haben, fällt das schwer – und die Kontakte fehlen unter anderem deshalb, weil ich nicht besonders gut Mandarin sprechen kann. Ein kleiner, gemeiner Teufelskreis. Natürlich gibt es auch aus diesem Auswege. Bei vielen Gelegenheiten frage ich nach, wie etwas heißt und lasse mir einige Wörter/Sätze erklären. Außerdem habe ich ein paar Mal mit anderen Freiwilligen geskypt, die mir auch noch einiges was beibringen konnten. Allerdings ist es dabei nicht immer ganz einfach beim Thema zu bleiben… Aber es wird ja so langsam besser.
Ein
paar andere schlechte Dingte gibt es auch noch, auf die ich jetzt aber nicht eingehen werde. Schnell zur nächsten Frage.
Was möchte ich noch sehen und erleben? -Mehr von China. Im Januar und Februar durfte ich viele wunderschöne Ecken YunNans bestaunen. Während des letzten Monats möchte ich noch mehr Orte außerhalb dieser Provinz sehen. Dazu gehören Klassiker wie die Chinesische Mauer, aber auch ein paar Geheimtipps wie einige Städte in der Nähe von Shanghai, in die ich eingeladen wurde. Außerdem wurden mir die heiligen Berge Chinas empfohlen. Diese sollen so schön sein, dass selbst die oft recht wanderfaulen Chinesen sich diese nicht entgehen lassen wollen. Auch könnte ich mir vorstellen, noch für ein oder zwei Wochen nach Laos oder Vietnam zu reisen, es ist momentan sehr einfach für Deutsche, an ein Visum für diese Länder zu kommen.
Da
ich eine Verantwortung dem Slumkidsprojekt habe ist mir zusätzlich sehr wichtig, dass wir die Summerschool hinbekommen. Momentan haben wir da ein bisschen zu kämpfen, aber bevor wie in diesem
Gefecht die weiße Fahne hissen, muss noch einiges geschehen. Außerdem möchte ich eine gute Projektübergabe an die nächste Generation gewährleisten – Egal, ob diese in LiuKu oder nur den neue
Standorten vertreten sein wird.
Last but not least: Habe ich eine Veränderung an mir selbst wahrgenommen? Das ist tatsächlich ziemlich schwierig zu beantworten. Wie bereits
geschrieben, verändert man sich ständig. Ich denke, jeder kennt die Situation, dass man über eine Situation vor gerade mal einem halben Jahr denkt, sich an den Kopf fasst und denkt: „Oh Nein,
warum habe ich das gesagt/getan? Warum war ich so dumm? So etwas würde ich jetzt niemals mehr machen…“. Zumindest hoffe ich, dass es anderen auch so ergeht, ansonsten wäre das ein bisschen
seltsam für mich…
Mir gegenüber habe ich also eine fehlende Objektivität, um größere Veränderungen an mir festzustellen. Doch ich habe über dieses Thema auch schon einmal länger mit Krisi gesprochen – uns fällt es
genau so schwer, Veränderungen an dem jeweils anderen zu bemerken. Vor dem Jahr in China kannten wir uns nicht und konnten dem entsprechend erst hier kennen lernen. Uns selbst wenn wir uns schon
vorher gekannt hätten: wir hätten (mehr oder weniger) dieselbe Veränderung erlebt, weshalb wir sie erneut nicht wirklich bemerkt hätten. Ich kann also nicht sagen, ob in mir eine große
Veränderung stattgefunden hat – das werdet ihr dann wohl in Deutschland feststellen müssen.
Ok, mit dieser Ausrede kann ich mir trotzdem nicht komplett um die Beantwortung dieser frage drücken. Einige kleine Dinge sind mir nämlich doch noch aufgefallen. Zum Beispiel bin ich nun etwas
Gelassener, das heißt ich nehme nicht mehr so schnell Anstoß an kleineren Dingen oder rege mich über sie auf. Entweder ignoriere ich sie, versuche ihnen aus dem Weg zu gehen oder akzeptiere sie
einfach. Dazu kommt noch, dass ich (noch) planungsresistenter geworden bin. Zeitliche Abmachungen sind mir einfach nicht mehr so wichtig. Hier in China ist das kein Problem 2außer, wenn ich Krisi
damit aufrege), wie das im sehr geregelten Deutschland funktionieren wird, muss sich erst noch herausstellen. Doch das gilt nur für kleinere, persönliche Unternehmungen. Zum Unterricht komme ich
dann doch noch pünktlich und auch bei größeren Angelegenheiten (wie eben zB der Summerschool) ist mir eine langfristigere Planung lieber.
Als Ausgleich für den letzten Punkt treffe ich kleine Entscheidungen (welches Eis kaufe ich , wohin gehen wir essen – das sind die WIRKLICH schweren Fragen dieser Welt) jetzt schneller, was meine
Mitbewohnerin dann wieder etwas gütiger stimmt.
Zu guter Letzt ist mir aufgefallen, wie wenig der erste Eindruck bei Menschen wert sein kann. Damit meine ich jetzt nicht das Aussehen, sondern eher das Verhalten dieser Personen. Es gibt
Freiwillige, bei denen ich niemals gedacht hätte, dass ich mit ihnen klarkommen könnte. Jetzt sind wir richtig dicke, obwohl wir uns gar nicht so häufig gesehen oder gesprochen haben. Das geht
natürlich leider auch in die andere Richtung, allerdings ist es mehrmals in ersterer Variation vorgekommen – zum Glück.
Wie bereits angedroht schreibe ich noch schnell ein paar Sätze über ein paar Bergwanderungen und die letzten Tage. Allein schon deshalb, damit ich diesen Eintrag
noch mit einigen Bildern auflockern kann, die ihr ja auch schon gesehen habt.
Einerseits war da eine wirklich tolle Tour in LiuKu bei absolut perfektem Wetter. Die Sonne hat dabei so strahlend geschienen, dass sie mir die Fähigkeit verliehen hat, meine Farbe zu wechseln –
in ein kräftiges, leuchtendes rot. Nach etwa sechs Stunden kam ich auf dem Gipfel an, wo ich einem baumstammschleppenden Chinesen begegnete. Ich war recht überrascht, hier oben hatte ich keine
Menschen mehr erwartet, vor allem keine, die halbe Baumstämme hinter sich herzogen. Er war wohl gerade dabei, neues Baumaterial für eine Hütte nahe bei den oben gelegenen Feldern anzuschaffen.
Allerdings stelle ich mir seine Überraschung noch größer vor: ein rötlicher Laowei mit T-Shirt auf dem Kopf, der sich auf einen berg verlaufen hatte. Zum Glück hatte ich kurz vorher mein Hemd
wieder angezogen, um etwas Schutz vor der Sonne zu finden… Daher das erste Bild.
Eine Woche später war in China das Totenfest, weshalb wir ein verlängertes Wochenende genießen durften. Diese Chance haben krisi und ich genutzt und sind nach FuGong, etwa 4 Stunden nördlich von
LiuKu, gefahren. Dort sind wir bei Freunden untergekommen, mir wurde sogar eine Wohnung für mich allein für die drei Nächte aufgeschwatzt.
Vor
Ort haben wir uns erneut mit Hanna getroffen, mit der ich in den nächsten beiden Tagen spontan auf zwei weitere Berge gestiefelt bin, der erste war dabei direkt bei der Stadt. Nun muss ich leider
zugeben, dass die Bergwelt in Fugong noch um einiges schöner als die weiter südlich ist. Kaum hatten wir ein paar anstrengende Höhenmeter (erneut bei bestem Wetter, diesmal hatte ich jedoch dem
Farbwechsel vorgebeugt) geschafft, türmte sich auf der anderen Flussseite ein strahlend weißer schneebedeckter Gipfel auf. Doch auch die zerklüfteten Felsspalten und die kleineren Flüsse und
Wasserfälle auf unserer Seite machten einiges her. An einem dieser besagten Flüsse trafen wir auf eine sehr nette Gruppe von Lehrern und deren Familien, die sich anlässlich des bevorstehenden
Feiertages dort zu einem Picknick getroffen hatten. Nun, ein echtes Picknick war es eigentlich nicht – viel mehr hatten sie sich Töpfe, diverse Speisen und Decken mitgenommen und ein richtig
gutes Essen gekocht. Und dabei waren wir schon etwas weiter von der Stadt entfernt. Praktischerweise kamen wir genau zu der richtigen Zeit vorbei und wurden sofort auf eine Stärkung eingeladen,
bevor es weitergehen sollte.
Eine Stunde später machten wir uns schwerfällig wieder auf den Weg Richtung Gipfel. Diesen hatten wir nie ganz erreicht, dafür sind wir aber noch auf ein Bergdorf auf 2200m gestoßen – FuGong
liegt auf etwa 1200m. Die Aussicht von dort oben sollte ausreichen, denn am nächsten Tag sollte erst die eigentlich geplante Tour kommen. Vielleicht wäre es schlauer gewesen, sich ein bisschen zu
schonen…
Denn am nächsten Tag haben wir den letzten in jedem Höhenmeter gespürt. Morgens sind wir erschreckend früh aufgestanden, um uns mit einem Minibus noch einmal etwa
eine Stunde weiter nördlich fahren zu lassen. Denn dort ragt der Steinerne Mond (Shiyueliang ~ 石月亮) auf, ein Berg, durch dessen Spitze man aufgrund des großen Loches auf den dahinter liegenden Himmel blicken kann. Überraschenderweise gab es tatsächlich einen touristisch
angelegten Pfad, was für China sehr untypisch ist. Wie ich noch erfahren habe, liegt das daran, dass dieser Berg als „Pärchenberg“ bekannt ist – bevor man heiratet, sollte man einmal als Probe
der Beziehung auf diesen Berg gewandert sein. Also fanden wir nebst morschen, hölzernen Wegen auch Toiletten und ein komplett aus Baumbus geflochtenes Häuschen, in dem man schlafen könnte.
Der Weg war unglaublich anstrengend und ab 2200m musste ich den Rest des Weges alleine beschreiten, denn um noch einigermaßen rechtzeitig zurückzukommen, mussten die restlichen 700m in ca. einer
Stunde gemeistert werden. - das wäre etwas zu viel für Hanna gewesen. Wobei von „beschreiten“ eigentlich keine Rede sein kann, vielmehr war es ein hochhangeln an den seitlich angebrachten Seilen,
denn ab hier war der Pfad zT über 45° steil. Doch schlussendlich hatten sich die Anstrengungen gelohnt und endlich konnte ich dieses Loch mal aus der Nähe bestaunen. Allerdings auch nur für 5
Minuten, danach musste ich mich schleunigst wieder an den Abstieg machen.
Doch nicht nur der Mondberg, sondern auch die umliegende Landschaft war atemberaubend – auf der gegenüberliegenden Flussseite ergoss sich ein gigantischer Wasserfall in einen Zufluss zum NuJiang. Dieser zog ebenfalls immer wieder meinen Blick auf sich. Ein wenig ärgerlich war dabei nur, dass Das Wetter nicht mehr ganz so mitgespielt hat. Nicht umsonst wird Fugong als das England Chinas bezeichnet. Zumindest von mir. Aber den Namen hat es wirklich verdient, denn den letzten Monat hatte es komplett durchgeregnet und auch bei meiner Abreise hat es wieder wie aus Kübeln geschüttet. Ärgerlicherweise hatten wir dieses Wetter dann ein bisschen mit nach LiuKu mitgenommen, in letzter Zeit haben wir kaum mal einen Sonnenstrahl gesehen. Doch auch ohne diese hatten wir viel Spaß mit einigen YiZhong Schülern oder den Slumkids, die wir mal wieder alle besucht haben. Der Schulalltag ist zwar ein bisschen langweilig, aber was soll man machen.
So, ich muss mich jetzt selbst ein bisschen abwürgen, denn dieser Blogeintrag ist schon wieder viel länger geworden, als ich es ursprünglich beabsichtigt hatte.
Aber ich war gerade mal wieder so im Schreibfluss und die Worte sprudelten nur so aus mir heraus, dann sollte man sie wohl nicht aufhalten.
mal schauen, wann der nächste Eintrag kommen wird – das ist vor allem davon abhängig, ob wir in der ersten Maiwoche einen Ausflug mit den Slumkids machen können. In diesem fall würde ich euch
davon auch ein kleines Liedchen singen, ansonsten passiert im Moment aber nicht so viel berichtenswertes.
Also bis dann :)
Heute lag ich im Bett und dachte mir, ich gucke mal nach, wie lange ich eigentlich schon hier bin. Am 14. Oktober ging die Reise los, jetzt ist der 23. März, das
macht 162 Tage. Dann kam der Gedanke, wie lange ich eigentlich noch hier sein würde: 323 – 162 = 161. Wenn man jetzt noch einen Tag für die Anreise anzieht (der Rückflug muss nicht abgezogen
werden, da fliegen wir entgegen der Erdrotation), kommt man auf das Ergebnis, dass gerade genau die Hälfte meines Freiwilligenaufenthaltes ist.
Eigentlich wäre jetzt ein „Halbzeit-Special“ dran, allerdings fällt mir da gerade nichts Gutes ein; falls ihr als eine nette Idee für eben dieses hättet, schreibt sie mir gerne als Kommentar auf
diesen Eintrag.
Stattdessen
bekommt ihr jetzt erstmal einen kurzen Bericht über den letzten Monat: Da war noch das Zwischenseminar und etwas später ein Haufen ehemaliger Freiwilliger, die zu Besuch nach Liuku gekommen sind.
Außerdem hat endlich der Unterricht für uns wieder angefangen.
Fangen
wir mal mit dem Zwischenseminar an. Von weltwärts sind Richtlinien zu Seminaren vorgegeben, sodass man mit Vorbereitungs- Nachbereitungs- und Zwischenseminar auf eine bestimmte Anzahl von Tagen
kommen muss. Bei letzterem geht es darum, dass sich möglichst alle Freiwilligen an einem Ort treffen sollen, um ihre Erfahrungen auszutauschen und sich auf die nächste Hälfte des Freiwilligendienstes
einzustellen.
In diesem Jahr hat es glücklicherweise geklappt, alle 30 Freiwilligen zu versammeln – diesmal in Pu’er. Dort sollten wir in den Schulen bei den Frewilligen vor Ort unterkommen. Also habe ich mich
erneut bei Paula und Joana eingemietet, zusammen mit einem Haufen JingGangShan-er. Insgesamt schliefen wir zu siebt in der Wohnung – das war jedoch kein Problem, da diese genug Platz für alle
geboten hat. Allerdings haben wir uns auch kaum dort aufgehalten, denn wir hatten einen sehr vollen Zeitplan. Während der Seminarzeiten haben wir uns in einem Klassenraum der Pu’er YiZhong
„eingemietet“, wo aufgrund der Ferienzeit, abgesehen von den Abschlussklassen, keiner da war.
Wir hatten fünf Seminartage, an denen wir unterschiedlichste Themen in einem Klassenraum der Pu’er YiZhong behandelten.
Am ersten Tag besprachen die Freiwilligen das Lehrer-Sein: Was sind ihre Aufgaben, inwieweit konnten sie diese durchsetzten, was gab es für Probleme,
wie könnten zukünftige Stunden aussehen…
Am zweiten Tag haben sie über das Fremdsein gesprochen, verschiedene Kulturen und den Umgang mit diesen.
Am dritten Tag haben sich mit ihren Gruppen (und sich selbst) auseinandergesetzt: Einerseits mit der kleinen Stadtgruppe, andererseits mit der
Großgruppe aller Freiwilligen in China.
Der vierte Tag war China gewidmet. Es ging dabei vor allem um Gegensätzlichkeit, Vielfalt und Einheitlichkeit im Vergleich zu dem Heimatland.
Am fünften und letzten der Seminartage haben sie sich mit den Projekten, außerdem der Gegenwart und Zukunft von Baumhaus auseinandergesetzt.
Und am sechsten Tag durfte die Gruppe ruhen, denn sie hatten ihre Arbeit vollbracht. Zumindest mehr oder weniger, denn es stand noch ein kleiner
Ausflug in die umliegenden Teeberge und anschließendes Grillen auf dem Plan. Außerdem hatte ich mit ein paar anderen noch einmal das Teehaus besucht, in dem ich die angeregte Diskussion über
Deutschland hatte. Dieses Mal blieb sie uns allerdings glücklicherweise erspart.
Aber
genug von der Auflisterei. Die Themen und die Art der Bearbeitung dieser hat mir wirklich gut gefallen. Das Programm war zwar ziemlich voll gestopft, aber fast alles davon war gut und sinnvoll für
mich. Gleichzeitig war das ganze Seminar unglaublich merkwürdig für mich; 32 Deutsche in einem Raum (und auf den Straßen), die sich auf Deutsch mit deutschen Lehrmethoden auseinandersetzen – ich habe
mich wieder wie in der Schule gefühlt. Außerdem war mir zwischendurch kurzzeitig nicht mehr bewusst, dass ich mich in China befinde. Der Kontrast, der zwischen unserem Klassenraum und dem Rest der
Schule bzw. Stadt herrschte, war sehr abstrakt.
Aber es war wirklich toll, die Freiwilligen aus den anderen Städten mal wieder zu treffen. Wir konnten viele unterschiedliche Eindrücke austauschen, da sich das Leben in den drei verschiedenen
Provinzen schon sehr voneinander unterscheidet.
Die
Zeit in Pu’er war dann leider auch viel zu schnell wieder vorbei. Doch daheim in Liuku erwarteten uns über die Zeit noch ein paar andere Menschen aus der Heimat: Es waren nacheinander vier ehemalige
Freiwillige zu Besuch gekommen. Eine Freiwillige aus der ersten Generation, also von vor sieben Jahren, hat bei uns genächtigt und sich in der Stadt immer wieder darüber gewundert, vie viel sich doch
verändert hätte. Das witzige dabei ist, dass selbst wir nach 161 Tagen das an manchen Stellen bemerken. An ein paar Ecken sind riesige Supermärkte aus dem Boden gesprossen, an anderen werden Gebäude
abgerissen und neu gebaut. An den Berghängen wird momentan eine zentrale Verbindungsstraße an die Außenwelt gebaut; Wo an der Brücke in den ersten Wochen noch Baukräne gestanden hatten, fahren jetzt
bereits Laster umher. Mal schauen, vielleicht komme ich ja in fünf Jahren wieder nach Liuku, um zu bemerken, dass es inzwischen einen Flughafen auf einer Bergspitze und ein Stromkraftwerk am Nujiang
gibt (Tatsächlich ist beides geplant).
Außerdem war da noch eine Freiwillige aus der sechsten und zwei aus der darauf folgenden Generation zu Besuch. Mit letzteren bin ich an einem Sonntag nach PiHe gefahren, einem kleinen Kaff etwa
drei Fahrtstunden nördlich von Liuku. Dort konnten wir zum Beispiel die Schule bestaunen, an der einer unserer Projektleiter vor knapp drei Jahren eingesetzt war. Dabei war es ganz wichtig, dass
wir auch dem „flying stone“ unsere Bewunderung zollten. Dieser steht zwischen ein paar Gebäuden – zumindest tut er dass, nachdem er dort eines Morgens auftauchte. Dort war von einem Tag auf den
anderen ein tatsächlich recht beachtlicher Findling aufgetaucht. Dafür gibt es nur eine Erklärung: Es ist ein fliegender Stein. An dieser Stelle hat er es sich erstmal gemütlich gemacht,
vielleicht wird er am nächsten Morgen aber auch schon wieder auf dem Rückflug nach wohin-auch-immer sein. Dabei war der Stein so nett, bei seiner Landung niemanden zu verletzen oder gar
aufzuwecken. Sehr nett von ihm. Oder, wie die Einheimischen es sagen, „ein Wunder“. Es ist übrigens gänzlich ausgeschlossen, dass der Stein vom direkt anliegenden Berg heruntergerollt ist, das
wäre ja zu einfach.
Aber natürlich haben wir uns nicht nur große, freundliche Steine angeguckt, sondern sind auch nach oben auf den Berg marschiert, wo wir eine wunderschöne Aussicht über das Nujiang-tal hatten.
Außerdem habe ich mal wieder etwas Geld dort gelassen, diesmal bei einer Teeplantage auf 2000m Höhe, sodass ich nun auch 怒江茶 (Tee
aus Nujiang) in meinem Sortiment habe.
Eines
Nachmittags nach der Schule hat mich außerdem einer der Ehemaligen zu einem Zufluss unseres wilden Flusses mitgenommen. Wir gingen einen wunderschönen Weg an dem Gewässer entlang, der immer mehr zu
einer kleinen Klamm wurde. Quasi die kleine Tigersprungschlucht Liukus. Allein dieser Pfad war so schön, wie ich es auf dieser Ecke gar nicht möglich gehalten hätte. Das wurde dann aber noch
meilenweit von dem bezaubernden Wasserfall getoppt, der sich nach etwa 10m freien Falls in ein größeres Sammelbecken ergoss. Da konnte ich dann auch nicht lange an mich halten und etwas später sprang
ich ins Wasser. Da der Zufluss den Ursprung in einer Bergquelle hat, war das Wasser wirklich arschkalt. Trotzdem hat es sich absolut gelohnt; tatsächlich war das mein erster Schwimmgang unter einem
natürlichen Wasserfall. Da die Luft außerdem im Moment richtig warm ist, waren wir halbwegs schnell wieder trocken. Ein bisschen blöd war dann nur, dass ich kurz danach meine bewegungslegastenische
Seite hab raushängen lassen – und seitlich zurück in den Fluss gefallen bin. Der Rückweg war folglich von schmatzenden Schuhen und ab und zu etwas Gelächter der anderen beiden geprägt.
Doch auch die Ehemaligen mussten irgendwann wieder gehen und inzwischen hat sich (endlich) unser normaler Schulalltag eingestellt.
Mit diesen Worten mache ich mich mal auf zum Essen und danach noch ins Kino.
ZaiJian und bis denn :)
Das
Chinesische Neujahrsfest, auch Frühlingsfest genannt, ist wohl die wichtigste Feierlichkeit der Chinesen. Anlässlich zu diesem kommt die ganze Großfamilie zusammen und leitet das neue Jahr ein – und
das eine ganze Woche lang!
Ich wurde eingeladen, diese Woche bei der Familie eines Schülers zu verbringen, so konnte ich das Fest und alle zugehörigen Bräuche direkt miterleben.
Da
chinesische Feiertage sich nicht nach dem julianischen, sondern nach dem eigenen, traditionellen richten, fängt das hiesige Neujahr später als in der westlichen Welt an. In diesem Jahr fiel der
Jahreswechsel (in dem von u8ns verwendeten Kalender) auf den achten Februar. Damit sollten die Feierlichkeiten bis zum 14. andauern.
Den Schüler, der mich einlud, kannte ich eigentlich nur ganz flüchtig. Während wir zu Weihnachten in Pu’er waren, hatte ich ihn dort an der Mittelschule kennen gelernt, in der ich untergekommen
war. Eigentlich war ich gerade nur dabei, etwas über das Schulgelände zu streunern, als mich ein paar Schüler gebeten hatten, mal in ihre Klasse zu kommen. Denn da sie eine Zhong’er (9. Klasse)
sind, haben diese keine Englischstunden bei Freiwilligen – das könnte sie von den Abschlussprüfungen ablenken. Also habe ich sie ein bisschen von ihren Hausaufgaben abgehalten. Dort hatte ich ein
kurzes Gespräch mit besagtem Schüler (den ich im folgenden ChunGe nennen werde) und habe den Schülern am Ende noch mein WeChat-Account gegeben.
Ein
paar Textnachrichten und zwei Wochen später kam dann die Anfrage von ihm, ob ich ihn und seine Familie zum Frühlingsfest besuchen wolle. Kurz entschlossen sagte ich zu und ungefähr 1½ Monate später trennte ich mich von meiner vorherigen Reisegruppe und machte mich alleine weiter auf den Weg nach Lancang 澜沧.
Diese Stadt liegt westlich von Pu’er, ist wunderschön und momentan von zwei Freiwilligen zum ersten Mal besetzt. Die Fahrt von Lijiang aus dauerte fast zwei Tage mit Übernachtung, dementsprechend
war dann erstmal ein Tag Pause angesagt. Doch danach wurde ich von ChunGe und seinem Vater eingesammelt, um zu Freunden in der Nähe zu fahren, wo anlässlich des drohenden Jahreswechsels
traditionsgemäß ein Schwein geschlachtet wurde. Das Spektakel an sich verpassten wir leider, aber dafür kamen wir zum Glück noch rechtzeitig zum Essen. Direkt danach ging es dann auch schon zu
deren Zuhause, wo ich zwei Nächte lang blieb, bis wir dann nach Shangyun fuhren, wo das Haus des Großvaters steht. Dort versammelten sich alle Kinder, Enkel und ein paar Freunde des Opas von
ChunGe, sodass tagsüber eine ganze Menge Leute auf dem recht kleinen Grundstück versammelt waren. Des Nachts ruhten wir im Haus des Onkels, welches im Gegensatz zu dem der Großeltern in der
direkt Stadt liegt.
Da das
Feuerwerk bekanntlich seine Herkunft in China findet, überrascht es wohl nicht besonders, dass die Nächte in Shangyun vom Leuchten und Knallen diverser pyrotechnischen Spielereien erfüllt war. Das
chinesische Feuerwerk unterscheidet sich nicht stark von dem, welches wir in Deutschland kennen. Es werden nur ein paar mehr (und vor allem lautere) Böller gezündet und der Spaß ist umgerechnet
billiger. Da die Familie außerdem Kontakte zu Feuerwerksverkäufern hat, haben auch wir einige Raketen, Batterien, römische Lichter, Knaller und vor jedem Essen eine Böllerkette gezündet. Und wer mich
kennt, wird wissen, dass ich mit vollstem Eifer dabei war. Es wurde vor allem in der Neujahrsnacht, also vom siebten auf den achten Februar, viel geknallt, aber auch in den darauf folgenden Nächten
bis zum 14. wurde einiges in den Himmel geschossen.
Doch es
gibt auch einige ruhigere Traditionen. So sind wir am ersten Morgen des neu angebrochenen Jahr des Affen ein einer kleineren Runde zu einem buddhistischen Tempel der Daizu-Minderheit aufgebrochen.
Dort lief ein Gottesdienst (in Ermangelung eines passenderen Wortes werde ich ihn so nennen) wie folgt ab: zuerst zündeten wir ein paar Kerzen an und gaben dem Tempel nach dreimaligem Kniefall und
Verbeugen ein bisschen Geld, außerdem „opferten“ wir einigen Reis an herumstehende Statuen. Danach setzten wir als kleine Gruppe uns in einen kleinen Kreis um eine mitgebrachte Schüssel, sodass im
ganzen Raum viele kleine Grüppchen kreisförmig versammelt waren. Während wir den Gesängen eines Anwesenden Dai-Mönches lauschten, goss jeder auf ein bestimmtes Wort hin ein bisschen Wasser aus
mitgebrachten Kannen in die Schale. Der gesamte Gottesdienst war ganz anders, als ich mir ihn vorgestellt hätte, aber gerade dadurch echt interessant.
Eigentlich wollten wir außerdem noch, neben einigen Besuchen bei Freunden, angeln gehen. Allerdings fiel ich bei dieser Aktion leider aus, da mich eine fiesere Erkältung gepackt hatte. So habe
ich dann auch Bekanntschaft mit diversen chinesischen Medikamenten gemacht: einerseits Kräutermischungen und Tees von ChunGe’s Vater, andererseits mit Pillen und Tütchen mit mysteriösem Pulver
von seinem Onkel. Ich möchte auch gar nicht wissen, was da alles für Wirkstoffe in welchen Konzentrationen drin waren – aber es hat geholfen und nach 1½ Tagen einigermaßen auf dem Damm. Um genau
zu sein, war ich wieder so fit, dass ich ein bisschen in einer alten Fabrik in ShangYun rumklettern konnte. Diese war ehemals eine Zuckerraffinerie und wurde in den 70-ern stillgelegt, sodass
sich die Natur inzwischen einen großen Bereich des Geländes zurückerobert hatte. Dem apokalyptischen Charme der ganzen Fabrik mit den durchgerosteten Streben, den zerbrochenen Fenstern und zum
Teil halb eingestürzten Gebäuden konnte ich einfach nicht lange widerstehen. Dem entsprechend bin ich, zusammen mit ChunGe, auf Erkundungstour in und auf die vielen Gebäude gegangen.
Doch
eigentlich besteht das Frühlingsfest vor allem aus einem: dem Essen. Sei es mit Freunden, bei denen man mal vorbeischneit, oder des Abends im Kreise der Familie. Dabei werden die ausgefallensten
Speisen, vor allem aber Fleisch, serviert: So hat Krisi zum Beispiel Flughörnchenhirn probiert, eine chinesische Freundin hat mir von einer Haifischhautsuppe erzählt, deren Kochzeit drei Wochen lang
war.
Auch ich habe einige interessante Gerichte essen dürfen – da die Familie aber eher dörflich gelebt hat, waren keine (für chinesische Verhältnisse) allzu exotischen Speisen dabei. Dennoch war da
zum Beispiel das rohe Blut, was gar nicht schlecht schmeckte. Allerdings war es für mich eine große Überwindung, das dunkelrote, wabbelige Zeug in meinen Mund zu befördern. Deshalb blieb es dann
auch bei zwei höflichen Happen. Außerdem war da das - diesmal zum Glück gekochte – Schweineauge, welches mich zuerst leicht vorwurfsvoll aus der Reisschüssel anblickte, in die es mein Gastgeber
geschaufelt hatte. Die Konsistenz war überraschend fest, es war entgegen meiner Vorstellung nicht so, als würde man in eine aufplatzende Weintraube beißen. Der Geschmack erinnerte eigentlich an
ganz normales Schweinefleisch.
Dann war da außerdem noch Gänsemagen- und Herz, die beide deutlich zu zäh waren.
Da die Großeltern selbst Hühner und Gänse auf ihrem kleinen Hof gehalten haben, wurden während der Woche ein paar davon geschlachtet. Das wollte ich mir dann auch
nicht entgehen lassen. Also war es mir überlassen, einem der Hühner die Kehle aufzuschneiden, zu rupfen und auszunehmen. Das ganze war für mich viel überraschenderweise viel einfacher, als ich
gedacht hätte. Und beim Essen hatte ich eine ganz andere Beziehung zu dem Fleisch, ich konnte es viel mehr wertschätzen. In China esse ich sowieso sehr wenig Fleisch, eigentlich nur noch, wenn
ich von jemandem dazu eingeladen werde. Und jetzt hatte ich noch eine persönliche Beziehung zu dem Tier – Ich hatte es getötet, also war ich ihm als Gegenleistung quasi etwas schuldig.
Bei all diesen Erlebnissen (und noch ein paar mehr) muss ich vor allem noch anbringen, dass mich die Familie unglaublich gut aufgenommen hat. Ich habe mich manchmal als echter Teil der Familie
gefühlt, dass, obwohl ich ein Außenseiter war. Sei es die Sprache, das Aussehen oder das Verhalten: ich bin nun mal anders als die Menschen, die mich in dieser Woche umgeben haben. Doch das habe
ich nicht gespürt. Ich wurde in alles eingebunden, was die Familie gemacht hat – und zwar genau so, wie die anderen auch. Das hat mir wirklich sehr viel bedeutet.
PS: Im Moment bin ich ein bisschen schreibfaul, da außer dem Blog noch einige Texte für die Projekte und Mails getippt werden mussten, ich hoffe, man merkt das dem Eintrag nicht an.
Am 18.
Januar begann meine vierwöchige Reise durch Yunnan, die ersten zweieinhalb Wochen zusammen mit Joana und Sebastian. Dabei ging es zuerst immer weiter in den Norden, bis fast an die Grenze nach Tibet,
später (dann alleine) in den Südwesten, wo ich zum Frühlingsfest eingeladen wurde. Dabei habe ich einen Haufen neuer Erlebnisse, Gedanken und Bilder gesammelt, die ich nun endlich mal hochladen
werde.
Die
erste Busfahrt nach Lijiang 丽江war
nur sieben Stunden lang. Was mir in Deutschland vermutlich schon wie eine halbe Ewigkeit vorgekommen wäre, war hier in China wieder viel schneller vorbei, als man gedacht hätte. Die vielen Berge,
teils bewaldet, teils mit schroffen felswänden bedeckt und manchmal mit einem verschneiten Gipfel üben einfach eine große Faszination auf mich aus. Das liegt wohl daran, dass die höchste Erhebung
im schönen Schleswig-Holstein gerade mal 167 Meter „hoch“ ist.
Dementsprechend
war ich direkt von unserer ersten Etappe begeistert – denn als wir ausstiegen, fiel mein erster Blick auf den ca. 5600m hohen „Yulong Snow Mountain“, der sich über den Gebäuden der Stadt erhob. Doch
auch ansonsten hat die Stadt, wie wir in den darauf folgenden Stunden sahen, einiges zu bieten. Besonders schön ist die Altstadt Lijinags: die engen Gassen sind von typisch chinesischen Häusern (wie
man die sich eben so vorstellt) eingerahmt. Einige kleine Flüsse laufen an den Straßenrändern entlang, dementsprechend sind viele Steinbrücken gebaut worden. An einer Seite des Bezirks klettern die
Häuser und Straßen einen bewaldeten Hügel hinauf, auf dessen Spitze eine alte Pagode steht. Bei Nacht werden die Gebäude mit einem warmen Lampenschein beleuchtet und ab und zu treiben in den
Bachläufen schwimmende Kerzen vorbei.
Gleichzeitig sind in einigen Straßen aber auch Clubs und Läden wie McDonalds, die dem sonst sehr traditionellen Erscheinungsbild einen kleinen Dämpfer verpassen. Auch insgesamt wirkt das alles
etwas zu idyllisch, zu künstlich. Dennoch haben wir einige Stunden zusammen in der Altstadt verbracht.
Am
dritten Tag in 丽江 wollten
wir uns den 黑龙潭 angucken,
eines der berühmten Wahrzeichen der Stadt und ganz Chinas (oft das erste Suchergebnis bei Google für „China“). Das Problem dabei war nur, dass man von uns 80 元 pro
Person forderte, um den Park betreten zu können. Da das für uns einfach zu viel war, versuchten wir zuerst, am Nebeneingang ungesehen hereinzuschlüpfen. Das hat allerdings leider auch nicht
wirklich geklappt, weshalb wir erst einmal in das Naxi-Museum gegangen sind, was direkt neben dem Eingang aufzufinden war. Die Naxi sind eine Minderheit, die in der Region leben. Sie sind das
letzte Volk, welches als Schriftsprache noch piktographische Glyphen verwendet, die man tatsächlich auch überall in Lijiang sehen kann. Die Menschen dieser Minderheit führen ein sehr
naturverbundenes und gläubiges Leben. Außerdem haben sie ein paar der coolsten Schöpfungsgeschichten, die ich je gehört habe. Eine davon erzählt zum Beispiel von einem kugelförmiger Frosch, der
wurde von dem göttlichen goldenen Pfeil getroffen wurde. Daraufhin löste sich seine Seele von seinem Körper und spaltete sich in die acht Himmelsrichtungen und fünf Elemente (Wasser, Erde, Holz,
Metall und Feuer) auf. Auf solche Ideen muss man erstmal kommen! Diese Sage ist dabei sogar so populär, dass ich gleich an mehreren Stellen in und um Lijiang eine Malerei oder ein Relief eines
runden, von einem Pfeil durchbohrten Frosches sah.
Aber über all die Bilder und Geschichten vergaßen wir unser eigentliches Ziel nicht; den schwarzen Drachenteich. Unser nächster Plan, um uns vor den Gebühren zu drücken, sah vor, dass wir einmal um den anliegenden Berg herumgehen würden, diesen an einer geeigneten Stelle zu besteigen und von oben in den Park zu gehen. Und tatsächlich – unser Plan ging auf. Oben auf dem Berggipfel stand ein kleiner Pavillon, von dem aus ein Weg hinab zum Gewässer führte. Nach ein paar kurzen Abstechern und Kletteraktionen kamen wir unten an. Dar Ausflug hat sich für uns wirklich gelohnt, allerdings wäre der Eintritt wirklich keine 80 元 wert gewesen. Die Tempelanlagen und Brücken waren zwar schon sehr schön, aber das Gelände war aufgrund der Nebensaison etwas heruntergekommen. Außerdem spielte das Wetter nicht so richtig mit, weshalb wir weder Sonnenschein noch Blick auf den Yulong Snow Mountain. Abends blieben wir noch einmal lange in der von Laternen erleuchteten Altstadt, um dann die vorerst letzte Nacht in unserem absolut perfekten Hostel zu verbringen.
Dieses
war ein so genanntes „international youth hostel“, was letztenendes bedeutete, dass sich hier viele junge Ausländer tummelten. So viele Laowei’s habe ich schon seit Ewigkeiten nicht mehr auf einem
Fleck gesehen. Die Jugendherberge hatte eine Bar, mehrere Sitzecken, einen Billardtisch, Fahrradverleih und und und. Das ganze Gebäude war außerdem so schön dekoriert, dass man sich einfach nur wohl
fühlen konnte. Außerdem hatten wir dort eine richtig gute Dusche (im vergleich zu unserer Klosche ist das aber auch nicht schwer) und bequeme Betten. Da wir in Mehrpersonenschlafräumen geschlafen
haben, war unsere dortige Unterkunft außerdem noch nicht mal teuer. Was kann man sich noch mehr wünschen?
Doch
zurück zum Reisen. Am Tag darauf hieß es, vorerst Abschied von Lijinag zu nehmen. Denn als nächstes ging es zur Tigersprungschlucht, die mit 3900m die tiefste Schlucht der Erde ist – wenn man schon
in der Nähe ist, darf man sich so etwas ja auf keinen Fall entgehen lassen. Bit einem Bus fuhren wir zuerst ca. drei Stunden an den Anfang der Schlucht, wo jeder rausgeschmissen wurde, der die
längere Wanderung über den oberen Wanderweg nehmen wollte. Zu diesen gehörten natürlich auch wir.
Übrigens sei an dieser Stelle erwähnt, dass wir auch hier wieder ganz gut um den Vollpreis zur Besichtigung der Attraktion herum gekommen sind. Da Schüler nur die Hälfte bezahlen müssen, haben
wir neben den Reisepässen unsere Persos als Schülerausweise benutzt, beziehungsweise Jonana meinen Büchereiausweis. Da die Kontrolle anscheinend kein Deutsch konnte (wer hätte es gedacht ;) ),
kamen wir ohne größere Probleme als Studenten durch. Tatsächlich hätten wir später ein paar Problemchen mehr gehabt, wenn wir an dieser Stelle den Vollpreis bezahlt hätten…
Die Wanderung startete an einer recht unspektakulären Straße, der wir folgten, bis wir zu dem eigentlichen Wanderweg kamen. Hier warteten auch ein
paar Einheimische mit ihren Eseln, auf denen man bis zum ersten Gasthaus reiten könnte. Dieses Angebot nahm dann auch kurz nach uns eine koreanische Reisegruppe in Anspruch, sodass wir den ersten
Teil des Weges zusammen mit einer Horde von Eseln beschritten.
Wie wir
immer weiter in die Tigersprungschlucht wanderten, wurde die Aussicht immer beeindruckender. Berge türmten sich auf eine Art und Weise vor uns auf, wie ich es noch nie zuvor sehen durfte. Während
sich der Jangtsekiang an den bewaldeten Füßen der Massive hindurchschlängelte, versuchten die Wolkenmassen,
sich ihren Weg über die felsigen Zacken und Steilwände zu bahnen. Doch leider war die Aussicht nicht das einzig atemberaubende. Da wir unser gesamtes Gepäck mitgenommen hatten, nahmen uns die gefühlt
20kg schweren Rucksäcke die letzte Luft. Dennoch haben wir es ganz gut zum ersten Dorf auf dem Weg durch die Schlucht geschafft, wo wir bei einem Yakbuttertee und gebratenem Reis ein verdientes
Päuschen machten. Doch da der Tag noch lange nicht zur Neige ging, machten wir uns nach nicht allzu langer Zeit wieder auf den Weg. Über Steintreppen, enge Serpentinen stiegen wir bis auf ca. 2600m
Höhe, um uns danach – ordentlich durchgepustet – wieder an den Abstieg zu machen. Dieser Pfad, den wir da bestiegen, ist interessanterweise sehr alt. Denn bevor er zu touristischen Zwecken genutzt
wurde, war dies die Handelsroute von der Teestadt Pu’er in den nördlichen teil Chinas. Die Maultiere (oder teehorses, wie sie von den Chinesen genannt wurden) trugen jährlich mehrere Tonnen Tee auf
diesen Pfaden in Richtung Tibet und Sichuan. Nun sind es wohl mehrer Tonnen Touristen, die die Tiere schleppen müssen.
Etwas
später kamen wir bei unserer Herberge an, in der wir relativ günstig schlafen konnten. In der gesamten Schlucht sind solche Schlafplätze verteilt, sodass wir kein Stück planen mussten, wann und wo
wir schlafen würden. Wir ließen einfach alles auf uns zukommen, ohne uns zu viele Gedanken zu machen. Das ist eine der deutschen Angewohnheiten, die ich inzwischen immer weiter abgelegt habe. Egal ob
auf Wanderungen, in der Schule oder sonst wo, ich lasse die Dinge mehr auf mich zukommen – und das hat bisher immer geklappt. Aber unsere Reise war nicht ohne Probleme: vor unserer Abfahrt hatten wir
es nicht mehr geschafft, genug Geld abzuheben. Deshalb mussten wir nun anfangen, beim Essen in den Gaststätten zu sparen – was bedeutet, dass wir ab jetzt (mehr oder weniger) nur noch Reis aßen.
Außerdem handelten wir unsere Betten jedes mal noch um ein paar Kuai runter. Da wäre jeder Schwabe stolz auf uns gewesen! Doch auch hier hat es am Ende wieder gepasst: wir konnten bei unserer
Rückfahrt erst am Ankunftsort bezahlen, weshalb wir schlussendlich sogar noch genug Geld für ein richtiges Essen übrig hatten.
Nun weiter mit der Geschichte: Als wir am nächsten morgen aufstanden, um weiter zur „middle tiger leaping george“, der engsten Stelle der Schlucht, zu marschieren, wurden wir von unserem ersten
Schnee des Jahres überrascht. Es waren zwar nur ein paar Flöckchen, dennoch hat man die eisige Bergluft richtig gespürt. Zumindest bis wir uns durch das Tragen der Rucksäcke wieder aufgewärmt
hatten. Nach einigen Stunden der Wanderung kamen wir gegen Mittag beim Hostel über der besagten Stelle der Schlucht an. Nach einer kleinen Stärkung haben wir uns mit einem Chinesen, den wir dort
getroffen hatten, an den Abstieg gemacht. Den ganzen Weg über begleitete uns dabei ein Straßenhund, der auf uns aufpasste, indem er immer wieder von der Spitze der Gruppe bis ans Ende rannte. So
gingen wir zusammen unter Überhängen, an Wasserfällen und Höhlen vorbei, bis wir an eine Metalltreppe kamen, wo wir den herzerweichend fiependen leider Popo zurücklassen mussten. Doch auch ohne
unseren haarigen Führer haben wir es bis zum Fluss hinab geschafft.
Dort
erwartete uns das donnernde Tosen von 7.800 m³ Wasser, welches pro Sekunde durch diese engste Stelle der Schlucht rauschte. Dazu bäumten sich meterhohe Gischtwellen auf, die über die riesigen
Felsen schwappten, die halb aus dem Wasser hervorragten. Da wir erst im späteren Nachmittag angekommen sind, waren wir die einzigen Besucher, die sich dort aufhielten. Außerdem waren aufgrund der
Nebensaison keine Einheimischen da, die zB Wasser verkauft hätten. Deshalb konnte ich nicht an mich halten, als der Student, mit dem wir unterwegs waren, anfing, über die Absperrungen und die Steine
zu klettern. Kurz entschlossen folgte ich ihm (was aufgrund mehrjähriger Parkour-Erfahrung ganz gut ging), sodass wir so nahe ans Wasser kamen, dass wir es fast hätten berühren können. Die Kraft des
Flusses war aus dieser Perspektive noch gewaltiger.
Doch nach einer Stunde dort unten mussten wir dringend wieder aufbrechen, denn langsam setzte die Dämmerung ein. Zusätzlich waren wir mittlerweile richtig erschöpft, sodass wir nur noch langsam
vorankamen. Ca. eine halbe Stunde später war es aufgrund der Nähe zum Äquator stockfinster und wir mussten uns auf die Taschenlampen verlassen, die wir mitgenommen hatten. Doch irgendwie
schafften wir es wieder bis nach oben an die Straße, wo wir nach einer kurzen Stärkung völlig erschöpft in unsere Betten fielen.
Am nächsten Tag machten Sebbi, der chinesische Student und ich uns noch zu dem Ausgang der Schlucht auf, wo wir ein Dorf anschauen wollten, welches dort auf einem großen Plateau gelegen
ist. Kurz bevor wir dieses erreichten, machte ich noch die Erfahrung, dass man keine Kaktusfrucht essen sollte, wenn man keine Handschuhe dabei hat.
Kurz danach betraten wir das Dorf, ich mit haarfeinen Stacheln in Händen und Mund. Doch der lange Weg hatte sich wirklich gelohnt. Die Bauern bauten hier Getreide, Reis, Gemüse und Raps an, was
zu einer unglaublich lebendigen Farbenpracht vor dem unwirtlichen Schneeberg führte. Doch leider hatten wir kaum Zeit, in dem Dorf zu bleiben, da wir ca. zwei Stunden später unseren Anschlussbus
bekommen mussten. Tatsächlich waren wir inzwischen darauf angewiesen, dass uns jemand mit dem Auto mitnahm. Leider fuhr aber Auto um Auto an uns vorbei, ohne auf unser Winken hin anzuhalten.
Letzten Endes hatten wir jedoch Glück und ein Pärchen nahm uns auf ihrem Pick-up mit. So kamen wir einigermaßen rechtzeitig wieder am Hostel an, von wo aus wir weiter in den Norden nach
Shangrila 香格里拉 fuhren.
Während
wir uns auf der Fahrt mit einem Engländer unterhielten, veränderte sich unsere Umgebung merklich. Die Vegetation wurde kahler, da sich unsere nächste Etappe auf 3000m Höhe befand. Immer wieder kamen
wir durch Gebiete, die von einer dauerhaften Schneedecke bedeckt waren. Außerdem bemerkten wir immer mehr den tibetanischen Einfluss: Die Häuser wurden rustikaler, waren häufiger aus Holz gebaut. In
regelmäßigen Abständen grasten Yaks auf den verdorrten Wiesen.
In der Stadt suchten wir uns eine passende Unterkunft, diesmal bekamen wir zu dritt sogar eine eigene Wohnung zu einem unschlagbaren Preis. Sie lag recht nahe an der Altstadt, in die ich mich
sofort verliebte. Obwohl ein Teil dieser erst vor kurzem abgebrannt war und an einigen Stellen gebaut wurde, wirkte sie „echter“ als die in Lijiang - als wäre sie nicht nur zu Tourismuszwecken
gebaut worden. Überall in dem Bezirk hingen bunte Fähnchen, die riesigen Holztüren waren mit feinen Schnitzereien verziert. In den Läden, die sich hinter diesen Türen verbargen, habe ich einiges
von meinem Geld gelassen ;) Auf einer kleinen Anhöhe in der Mitte der Altstadt stand ein großer Tempel mit einer gigantischen Gebetstrommel, die sich langsam im eisigen Wind drehte.
Wir verbrachten über die Tage erneut einige Stunden in dieser Altstadt, doch am zweiten vollen Tag unseres Aufenthaltes wollten wir uns den Napahai See anschauen. Es handelt dabei um ein weit auslaufendes, flaches Tal, welches im Sommer zu einem großen Teil von Wasser bedeckt ist. Im Winter zieht sich der See jedoch zurück und aus der weiten Fläche wird eine von schmalen Flüssen geäderte Steppe. Um zu dieser hinzukommen, mieteten wir uns ein Fahrrad und einen Elektroroller. Auf letzterem fuhren Joana und ich, da die Fahrräder alle für mich und mein Miniskusknie zu klein waren. Nach ungefähr einer Stunde Fahrt kamen wir dort an und uns bot sich erneut eine gigantische Aussicht. Das Wetter hat aber auch einfach perfekt mitgespielt. Doch dann kam erneut ein kleines Problem auf: Durch das Fahren in dem steppeartigen Gelände hatte sich der Akku des Rollers deutlich schneller entladen, als wir es gedacht hätten. So fiel unser Plan, das Plateuao einmal zu umrunden, vorläufig ins Wasser. Wir schoben das Gefährt in das nächste Dorf, um dort nach einer Familie mit Ladegerät zu suchen. Tatsächlich hatten wir nach kurzer Suche Glück – nun hieß es warten. Die Zeit vertrieben wir uns damit, mit den Kindern Basketball zu spielen, die uns zuvor geholfen hatten. Darunter war witzigerweise auch ein junger bhuddistischer Mönch, der sich über seine Kutte einfach ein Basketballtrikot übergezogen hatte. Nach einiger Spielzeit wurden wir noch von der Familie auf Tee und einen kleinen Plausch eingeladen, bevor wir uns auf den Rückweg machten. Nun stand die Sonne so tief über der Fläche, dass sie sich auf eine bezaubernde Weise auf dem See und den Flüssen spiegelte. Doch da es langsam dämmerte, mussten wir uns bald wieder auf den Rückweg machen. Wie sich jedoch herausstelle, hatte die Ladung nicht ganz ausgereicht und nach einiger Zeit mussten wir wieder schieben, wobei wir noch einige Kilometer von der Stadt entfernt waren. Und jetzt wurde es richtig anstrengend, da wir den Roller auf rutschigem Boden berauf befördern mussten. Allerdings zeigte sich nach einer knappen Stunde abrackern zum zweiten Mal an diesem Tag, dass sich viele Probleme von ganz alleine klären. Denn zwei nette Chinesen waren auf unsere missliche Lage aufmerksam geworden und hielten mit ihrem Pick-up Truck an, um uns mitsamt dem Roller und Fahrrad in die Stadt zu fahren. Auch dieser Tag ging gut aus und am Ende ließen wir uns völlig erschöpft in unsere Betten fallen.
Doch auch am nächsten Tag gönnten wir uns keine Pause: Nun ging es zu den weißen Kalkterassen白水台. Das stark Kalkhaltige Wasser hat hier weiße Becken geformt, in denen das hellblaue Wasser sich sammelt. Zu dieser Jahreszeit war ein großer Bereich der Attraktion zugefroren, in den größeren Flüssen floss das Wasser aber nach wie vor. Es muss sehr interessant ausgesehen haben, wie ich versuchte, eine vereiste Fläche hochzukommen. Erst nach dem ich das fünfte Mal hinfiel und den ganzen Weg wieder herunterrutschte, gab ich auf und zog mit aufgeplatzten Händen von dannen. Aber es gab zum Glück noch einfachere Wege nach oben. Überall waren kleine rote Büschel zu sehen, die, wie sich später herausstellte, viele abgebrannte Räucherstäbchen waren. Außer diesen gab es noch einige andere Anzeichen, dass hier viele Gläubige hinkamen. Denn, so heißt es, jeder Donga-Bhuddist müsse einmal in seinem Leben an diesen Ort gekommen sein, um sich als echter Dongba bezeichnen zu können.
Am Ende des Ausfluges hatte ich noch eine Interessante Konversation mit einem Amerikaner, den ich dort traf. Dieser erriet einfach mal so, dass ich aus Kiel komme
und mir vorstellen könne, später mal Biochemie zu studieren. Er hatte Kontakte zu dem Professor für dieses Fach in Kiel, denn er hatte früher mit ihm zusammengearbeitet, bevor er nach China zog.
Tatsächlich traf ich mich ein paar Tage später noch einmal mit ihm in Lijinag, wo er mir seine aktuellen Forschungen zum Thema Biolumineszens zeigte.
Am darauf folgenden Tag ging es nach Deqen 迪,庆,
welches fast direkt an der Grenze zu Tibet liegt. Auf dem Weg dorthin fuhr der Reisebus über die Berge, sodass ich mit 4300m Höhe an den bisher höchsten Punkt meines Lebens (auf dem Boden)
gereist war. Leider habe ich jedoch von der Stadt und der umliegenden Landschaft kaum etwas gesehen, da ich am nächsten Tag krank im Bett lag. Weil um diese Jahreszeit sowieso kaum etwas in der
Stadt zu sehen ist, blieben wir nur zwei Nächte, um daraufhin noch einmal nach Lijiang zu fahren, wo wir dann auch Sima und ein paar weitere Freiwillige trafen. Ich wiederholte mit Sima noch
einmal die Wanderung zum Heilongtan, doch auch dieses Mal spielte das Wetter nicht so richtig mit. Naja.
Im nächsten Eintrag komme ich dann zu den nächsten 1½ Wochen, die ich bei einer Familie in der Nähe von Lancang 澜沧 anlässlich des chinesischen Neujahres
verbrachte.
Ich hoffe, dass das Lesen gegen Ende nicht zu langweilig wurde, dieser Artikel war ja schon ein bisschen länger. Ich könnte noch immer mehr erzählen, aber irgendwann muss ja auch mal Schluss
sein.
Nun dann, Liebe Grüße und bis bald,
Malte
(~“Ich
möchte das nicht – Er will, er will“). In diesem Blogeintrag möchte ich euch von zwei wunderschönen Nachmittagen Mitte Januar erzählen; da seitdem viel passiert ist, komme ich erst jetzt dazu,
darüber zu schreiben. Wir haben endlich mal wieder die Kinder aus den beiden größten Slums besucht, diesmal allerdings zum Glück nicht wegen irgendeines Krankheitsfalles.
Der Januar ist in chinesischen Schulen Prüfungszeit. Dadurch hatten wir ab Anfang dieses Monats keinen Unterricht mehr – und zwar für zwei Monate, da danach die
Ferien anfangen. Damit uns in dieser Zeit nicht langweilig werden sollte, hatten wir uns einiges vorgenommen. Das fing damit an, dass wir einige Freiwillige aus Pu’er zu uns eingeladen haben.
Zuerst kamen Joana und Paula vorbei, bei denen ich über Weihnachten hatte schlafen dürfen. Innerhalb der knappen Woche, in der die beiden hier waren, haben wir ihnen das wunderschöne Liuku
gezeigt, selbst ein paar neue Bekanntschaften geschlossen – und eben auch die Slums besucht.
Diese generellen Besuche sind dafür gut, um sich nach dem Befinden der Kinder zuhause und in der Schule zu erkundigen. Außerdem können wir so unsere Beziehungen zu den Kindern etwas ausbauen.
Diesmal hatten wir sogar noch ein paar Mützen und Söckchen dabei, die mir von einer Ehemaligen als Spende mitgegeben wurden.
Der
ursprüngliche Plan war, dass wir neben dem standardmäßigen Obst (es ist einfach unhöflich, ohne jegliches Gastgeschenk bei jemandem unangekündigt vorbeizuschneien) und den gestrickten Spenden auch
noch Papier und Stifte mitzubringen. Mit diesen wollten wir dann Papierflieger- und Schiffchen basteln und bemalen. Nachdem wir uns also versichert haben, dass es den Kindern im XSB-Slum soweit gut
geht, ging es ans basteln. Dabei hatten die Kleinen schon sehr viel Spaß, und ziemlich schnell hatten wir eine Ansammlung von quietschbunten Booten und Fliegern (letztere flogen allerdings kaum
weiter als 5 Meter, bevor sie kehrtmachten und den Werfern in die Augen pieksten). Dann kam allerdings noch die einfache, aber geniale Idee von Joana,
mit den Kindern zum NuJiang zu gehen und die Papierboote schwimmen zu lassen. Die Eltern waren damit einverstanden – da wir zu viert waren konnten wir gut auf die acht zurzeit Anwesenden aufpassen –
und die Kinder hatten erst recht Bock darauf.
Gesagt,
getan: Wir wurden zu einem schönen Stückchen Sandstrand am NuJiang geführt, wo wir unseren Plan in die Tat umsetzten. Hier machte das Gewässer seinem Namen alle Ehre: der „verärgerte
Fluss“ wollte die kleinen Papierknäuel nämlich so gar nicht, wie von uns erhofft, nach Süden gen Laos tragen. Stattdessen spuckte er die Früchte
unserer Arbeit einfach wieder ans Ufer. Welch eine Frechheit! Das dachte sich wohl auch einer der Jungs, der daraufhin damit anfing, möglichst Große Steine ins Wasser zu schleudern. Anders könnte
ich mir sein Verhalten zumindest niemals erklären ;)
Irgendwann waren dann doch alle Schiffchen fortgetrieben oder lagen als traurige, komplett durchweichte Häufchen im Sand.
Doch
erneut war es damit noch nicht getan. Wie das am Strand so ist, haben einige der Kinder bald damit angefangen, Burgen und Gräben zu buddeln. Dazu gesellten sich kurz darauf noch einige Herzchen und
eine Schildkröte, die etwas später sogar noch Nachwuchs um sich herum bekam. Weiterhin haben wir damit angefangen, verstecken zu spielen – „angefangen“, da ich der Suchende/Fangende war und die
Kinder auf den nahe liegenden Steinfeldern viel flinker waren. Während sie fast im selben Tempo wie vorher über die Steine geschwebt sind, musste ich bei ungefähr jedem Zweiten mit einem nicht sehr
mannhaften, spitzen Schrei ausweichen. Dadurch konnten sich ein paar der Kinder meinem gnadenlosen „Tick“-Finger entziehen. Also musste ich schlussendlich schweren Herzens aufgeben. Nach einigen
Handständen und Rollen im Sand und Brummkreiseln mit den Jungs war die Schmach meiner Niederlage allerdings schnell wieder vergessen.
Kurz
vor Ende des kleinen Ausflugs fing dann noch einer der Jungs an, die Anderen (vorzugsweise mich) mit Matsch einzuschmieren. Ich äußerte natürlich vehement, dass ich das nicht wollen würde –
allerdings wurde meine Überzeugungskraft und Autorität dadurch beeinträchtigt, dass die drei Mitfreiwilligen immer wieder 他要 (er
will) riefen. Außerdem meinte ich es da gar nicht so ernst mit.
Völlig versandet und erschöpft, aber glücklich ging es daraufhin zurück nach Hause. Die Mützen hatten wir völlig vergessen.
Doch dafür war auch am nächsten Tag noch Zeit, als wir im XSGY-Slum etwas Origami gelernt haben. Im Gegenzug dafür konnte ich den Kindern beibringen, wie man Papierschächtelchen faltet. Außerdem
flogen erneut ein paar Papierflieger (diesmal sogar etwas weiter, ohne danach umzudrehen) und wir malten zusammen einige Bilder. Tatsächlich vergaßen wir diesmal nicht, die Strickspenden dort zu
lassen.
Zwei
Tage darauf haben sich Joana und ich auf den Weg nach Lijiang gemacht, um uns dort mit Sebastian, auch aus Pu’er, zu treffen. 丽江 war
die erste Etappe auf meiner insgesamt vierwöchigen Reise durch Yunnan. Doch dazu komme ich erst im nächsten Eintrag ;)
Liebe Grüße an alle,
„ihr wisst wer da schreibt“
PS:
Auch ja, ein erneuter Umzug war da ja auch noch. Zumindest für unsere Betten, denn von jetzt an müssen wir in einem neuen Domizil auf dem Schulgelände schlafen, welches wir liebevoll „die Garage“
nennen. Das liegt wohl daran, dass sie ein Garagentor als Eingang hat(te), sie total dreckig ist, nach ätzenden Chemiekalien riecht und direkt neben der Kantine liegt. Aber Naja, wir kommen schon
klar, letzten Endes müssen wir nur darin schlafen, die Wohnung oben dürfen wir tagsüber noch nutzen. Ein bisschen sinnlos, da der Grund für den Umzug der Betten war, dass die zweite Wohnung nun
einsturzgefährdet sei.
Jetzt,
wo ich die wundervolle Passwortfunktion von jimdo entdeckt habe, kann ich von unserer Weihnachtsfeier in der mit acht Freiwilligen neu besetzten Stadt berichten. Nach wochenlangen
Überzeugungsversuchen konnten wir unsere Baumhaus-Projektleiter davon überreden, dass es sinnvoll wäre, uns das Fest der Verwandtschaft mit der kleinen Yunnan-„Baumhausfamilie“ feiern zu
dürfen.
Also
haben wir vier unsere Sachen gepackt und uns auf den Weg zum Zwischenstopp Kunming, der Hauptstadt Yunans, gemacht. Die Reise hat ca. 13 Stunden gedauert und da diese um 18:00 Uhr losging, durften
wir das erst Mal einen Nachtbus ausprobieren. Tatsächlich waren die Betten in diesem bequemer als zuerst befürchtet – zwar eng und für mich zu (natürlich) kurz – aber dennoch habe ich es geschafft,
ein paar Stündchen zu schlafen. In Kunming angekommen, konnte ich mich dann allerdings leider nur noch im Schneckentempo vorwärts bewegen, da ich mir mein Miniskusknie wohl im Schlaf verdreht hatte.
Dennoch haben wir es rechtzeitig geschafft, einen Anschlussbus nach Pu’er zu erwischen.
Dort
angekommen haben wir uns aufgeteilt: Tom & Konrad ins Hotel, Krisi zu Lara und Alina an die Pu’er YiZhong (Erste Mittelschule) und ich mit Paula, die uns abholte, an die SiMao SiZhong (vierte
Mittelschule). Die darauf folgenden Tage habe ich damit verbracht, mir einen Eindruck von Pu’er zu machen, im Unterricht von Sebastian den Weihnachtsmann zu spielen und bei einer Englishcorner an der
YiZhong mitzuhelfen.
Heiligabend hatten sich alle Freiwilligen in der Wohnung von Lara & Alina versammelt, wo wir ein – logischerweise - zwar sehr anderes Weihnachten gefeiert haben, als ich es gewohnt war, wir
aber dennoch sehr viel Spaß zusammen hatten.
Am nächsten Tag war außerdem noch die Englishcorner an der SiZhong, die von der Schulleitung wohl als Weihnachtsfeier verstanden wurde. Deshalb standen wir kurz vor Beginn der Veranstaltung dann
vor ca 500 erwartungsvollen Schülern. Letzten Endes hat allerdings doch alles ganz gut geklappt und ich habe, zum Teil mit gleichzeitig drei Mikros
in der Hand, Jingle Bells und Last Christmas gesungen. Währenddessen wurde Constantin, der als Weihnachtsmann verkleidet war, von einer riesigen Horde erbarmungsloser Schüler verfolgt, nachdem
klar wurde, dass er in seinem Sack Süßigkeiten dabei hatte.
Nach der Veranstaltung mussten wir noch hunderte Unterschriften geben und Bilder machen. Mir wurden dafür aber auch sehr viele Geschenke von Schülern in die Hand gedrückt, die ich nie zuvor
gesehen habe.
Das nur als kurzer Nachtrag zu Weihnachten, leider sind die Erinnerungen daran nicht mehr ganz so frisch, trotzdem wollte ich noch kurz was darüber schreiben.
Eben
habe ich von den Betten im Schlafbus berichtet, da dachte ich mir, das hier passt gerade ganz gut. Da in China die Menschen meist etwas kleiner als in Deutschland sind, fühle gerade ich mit meinen
1,90m – wie zu erwarten war – häufig wie ein Riese. Hier mal ein paar Beispiele wie sich das äußert: Das offensichtliche zuerst - ich bekomme ich in einer großen Gruppe von Chinesen die frischeste
Luft. Schuhe oder andere Kleidungsstücke kann ich außerhalb des Internets (fast) nicht passend finden. Außerdem bin ich schwer zu übersehen.
Gleichzeitig wird es zurück in Deutschland wohl sehr seltsam aussehen, wenn ich aus Gewohnheit mit eingezogenem oder zur Seite geknicktem Kopf durch Türen oder Eingänge gehe. Zusätzlich kann es
vorkommen, dass ich in einigen öffentlichen Bussen nicht aufrecht stehen kann oder mir in Tuk-Tuk’s bei jedem Hubbel den Kopf stoße. In den vier Monaten, die ich inzwischen in China bin, habe ich
mir wohl mehr Beulen zugezogen, als in meinem kompletten vorherigen Leben.
Hier
eine Geschichte darüber, wann mir die chinesische Gastfreundschaft am meisten auffällt. Im letzten Eintrag hatte ich ja bereits davon berichtete, wie ich in ein recht luxuriöses Teehaus eingeladen
wurde. Doch gerade die, die am Wenigsten haben, geben im Verhältnis am meisten.
Eines
sonnigen Tages machte ich mich auf, einen Berg zu erklimmen. Zu lange hatte ich schon keine Bergluft mehr geschnuppert. Außerdem bewege ich mich hier sowieso viel zu wenig. Die Wanderung fing bei dem
„Magic Forest“ Weg an, der auf unserer Flussseite etwas weiter südlich liegt. An diesem gibt es mehrere kleinere Pfade, die den Berg hinaufführen, wie uns beim letzten Mal schon aufgefallen war. Also
habe ich davon einfach direkt den ersten genommen.
Nach einer Viertelstunde musste ich das erste Mal anhalten – ein Esel stand mitten auf dem Weg und sah mich treu an. Auch wenn er angebunden war und einen sanften Eindruck machte, hatte ich zu
viel Respekt vor diesem Tier, um mich einfach an ihm vorbei zu drücken. Also bin ich im großen Abstand um ihn herumgeklettert, während er mich ein wenig verwundert angeguckt hat. Zumindest habe
ich mir das eingebildet.
Danach ging es weiter Richtung Gipfel. Über Felder, durch ein kleines Dorf, um schließlich wieder auf einen Pfad durch einen Nadelwald zu gelangen. Nach einiger
Zeit, schon sehr in der Nähe der Spitze des Berges, stieß ich auf die nächsten Felder, obwohl man an dieser Stelle bereits auf einer beachtlichen Höhe war.
Etwas weiter oben waren Häuser, von denen aus ich auch promt angekläfft wurde. Aber nach kurzer Zeit kam eine ältere Bauersfrau vorbei, die mich von dem unruhigen Hund befreite – und direkt auf
ein Tässchen Tee einlud. Doch damit nicht genug, als kurze Zeit später auch die (sehr jungen) Kinder vorbeikamen und mich ansprachen, führte man mich in eine andere Hütte, in der man mir eine
Schüssel Reis vorsetzte. Die Kommunikation war dabei denkbar schwierig, denn die alte Frau konnte kein Chinesisch und so mussten die Kinder für mich übersetzen. Diese waren anfangs
verständlicherweise noch sehr schüchtern. Allerdings half meine Kamera aus: Davon waren die Kleinen so angetan, dass sie am Ende alle noch ein paar Fotos von sich gemacht haben
wollten.
So
Willkommen, wie auf diesem Berg in einer sehr ärmlichen Hütte habe ich mich bisher selten in China gefühlt. Auch wenn alle immer sehr freundlich sind, die Offenheit, die ich hier erlebt habe, hat
mich beeindruckt. Man musste nur vorbeikommen und schon wird man in ihr Zuhause eingeladen. Ohne dass man die Menschen jemals zuvor gesehen hätte.
Leider musste ich kurz darauf wieder los, da es bereits spät wurde. Dennoch habe ich mir das Ziel gesetzt, die Familie noch einmal zu besuchen – dann mit ausgedruckten Bildern als
Dankeschön.
Eines
Abends traf ich beim Essen einen Ende 20-jährigen Chinesen, der recht gut Englisch sprechen konnte. Dieser wollte mich noch zum Teetrinken bei einem bekannten Teeladen einladen. Da sagt man natürlich
nicht Nein. Als sich dann jedoch noch der Besitzer des Geschäfts in das Gespräch mit einklinkte, wurde es – interessant.
Das
Teegeschäft war wirklich schön, mit Tischen aus polierten, direkt aus einem Baum geschnittenen Tischen. Es wurde uns Pu’er Tee vorgesetzt, der selbst nach Deutschland importiert wird, was kein Wunder
ist. Wir sitzen da als gerade ganz gemütlich und schlürfen exquisiten Tee, da kommt der Besitzer des Ladens dazu. Einen „Laowei“ hat man schließlich nicht jeden Tag im Haus. Wie das so ist, wurde ich
natürlich gefragt, woher ich denn käme. Die Antwort hat erfreut – Deutschland ist in China positiv bekannt. Der Besitzer (aus Ermangelung eines anderen Namens muss ich ihn so nennen, chinesische
Namen sind sehr schwer zu merken) meinte, dass er deutsches Bier schätzen würde. Klar, das ist ja auch weltweit bekannt. Also holt er aus dem Lager zwei Flaschen chinesisches Bier und stößt mit mir
an. Es schmeckte sogar recht gut, allerdings war der Tee noch besser.
Als nächstes meinte er, dass deutsche Autos toll seien und erzählte mir von seinem Traum, mal einen Mercedes zu besitzen. Auch das ist meist das Erste oder Zweite, was im Gespräch über Deutschland erwähnt wird. Gerade Benz ist sehr beliebt, wenn auch teuer. „Gut“, dachte ich mir, „ist schon ok, wenn man die beiden Sachen mit Deutschland assoziiert“.
Wozu genau erzähle ich die Geschichte? Wegen dem nächsten Punkt. Daraufhin sagte er nämlich voller Erwartung, dass ich ihm zustimmen würde, er möge Hitler. Sei
ein großer Mann gewesen. Auch wenn man damit rechnen muss, dass man in China irgendwann mit diesem Thema konfrontiert wird, war ich etwas perplex. Aber nachdem ich mich schnell wieder gefangen
hatte, erwiderte ich, dass ich und die meisten deutschen jetzt nicht gerade Fans von ihm seien. Daraufhin diskutierten wir etwas, warum man ihn den mögen oder nicht mögen könnte; Auf Einwände von
mir, dass zum Beispiel das Vorgehen gegen die Juden ziemlich schlecht war, meinte er, dass diese aber auch schlecht zum Deutschen Volk waren. Sie hatten ja mehr Geld. Schlussendlich habe ich ihm
aber hoffentlich ganz gut meinen Standpunkt (und den der meisten Deutschen) klarmachen können. Zum Glück konnte ich dann vom Thema ablenken, bevor wir auf Mao zu sprechen gekommen wären. Denn da
müsste man als Gast in China ja höllisch aufpassen. Danach redeten wir über 800 Jahre alte Teebäume und wie das Alter das Aroma des Tees beeinflusst.
Übrigens fragte mich der Übersetzende zwischendurch einmal, ob er das jetzt wirklich übersetzen solle. Ihm war das Thema wohl auch etwas unangenehmer.
Nicht
mehr ganz aktuell – aber besser spät als nie – kommt hier der Eintrag über unsere kleine Weihnachtsfeier am 19. Dezember und ein bedeutendes Lisu-Fest am darauf folgenden Tag. Ersteres war ein
Versuch von uns, unsere Bekanntschaften etwas zu vertiefen, was allerdings nur so semigut geklappt hat. Letzteres war eine etwa zweistündige Kulturshow voller Tänze und Gesangeinlagen, außerdem einem
wirklich schönen Feuerwerk.
Ich
fange mal bei dem Kulturfest an. Am Nachmittag des besagten Sonntages wurden wir von Miss Liz angeschrieben, ob wir nicht Lust hätten, bei der Feier dabei zu sein, sie könne uns noch ein paar
Sitzplätze organisieren. Krisi und ich hatten definitiv Interesse, also trafen wir uns abends mit der Englischlehrerin, um zum Stadium zu gehen, welches nicht weit von unserer Schule entfernt gelegen
ist. Auf dem Weg sah man bereits ungewöhnlich viele Liukuler in Lisu-Tracht, je näher wir unserem Ziel kamen, desto bunter wurde die Bekleidung.
.Außerdem
ergoss sich vor dem Eingang ein schier nicht enden wollender Strom aus Yi-Zhong (erste Mittelschule) Schülern, wobei wir von gefühlt jedem Zweiten mit einem gebrüllten „Hello“ begrüßt wurden. Und das
ca. 10 Minuten lang, bis uns ein Sicherheitsmensch einließ. Tatsächlich hatten wir ganz gute Plätze gefunden, bis sich mein Knie mal wieder meldete. Aber nach ein bisschen umsortieren und
Platzgetausche ging das dann auch wieder.
Bevor
das eigentliche Spektakel losging, durften wir erst einmal ein wunderschönes Feuerwerk genießen. Nun muss ich sagen, dass ich durch die jährlichen Abschlussfeuerwerke am Ende der Kieler Woche über
der Förde schon recht verwöhnt bin, was organisiertes Geknalle angeht, auch wenn beide qualitativ recht ähnlich waren. Allerdings hatte man hier mit der Bergwelt eine andere Umgebung, die den
Explosionen ein eindrucksvolles Echo verlieh. Das Leuchten kam aber nicht nur aus dem Himmel – in den Zuschauerrängen hatte fast jeder sein Handy gezückt, um das Spektakel später auf WeChat zu
teilen. Ich muss zugeben, ich bin da auch nicht ganz unschuldig, ein paar Bilder habe ich schließlich auch gemacht.
Danach
durften wir viele Tanz- und Gesangacts bewundern, die zwischendurch immer wieder von bekannten Filmmusiken wie „Extacy of Gold“ oder „Requiem for a Dream“ unterbrochen wurde. Die GEMA würde sich
freuen, aber in China wird das mit den Medienrechten nicht so eng gesehen.
Die Tanzeinlagen waren dabei ein oder zwei Haupttänzer, die von einer größeren Gruppe im Hintergrund unterstützt wurden.
Auch bei den gesungenen Liedern waren neben dem Sänger oder der Sängerin immer noch andere Tänzer auf der Bühne. Die Musik ist dabei schwer zu beschreiben, falls ihr euch davon einen Eindruck
verschaffen wollt, sucht mal auf YouTube nach traditioneller chinesischer Musik (oder, falls es da sogar was gibt, Lisu-Musik). Einer der Sänger, der
wohl bekannteste, war dabei sogar auf unserer Schule gewesen.
Am Ende es Spektakels gab es noch einmal ein Feuerwerk, danach wurden drei größere Feuer entzündet. Um diese herum konnten die Gäste dann kreisförmig Tanzen.
Natürlich war ich da auch dabei, bei den schwereren war es allerdings ein im-Kreis-um-das-Feuer-gehen :D. Trotzdem eine sehr spaßige Angelegenheit.
Innerhalb dieser großen Menschenmenge wurden Krisi und ich immer wieder um Bilder und Händeschüttler gebeten. Das fing damit an, dass Eltern gerne ein Bild von ihrem Kind mit dem Ausländer haben
wollte und hörte damit auf, dass von irgendwo plötzlich eine auffordernde Hand in deinem Sichtfeld erschein, die geschüttelt werden wollte. Aber wenn es die Leute so sehr freut, will ich mich
nicht querstellen.
Im
Absoluten Gegensatz zu dieser Veranstaltung stand unsere Weihnachtsfeier. Wie bereits erwähnt, wollten wir unsere Bekanntschaften festigen, weshalb wir acht Gäste einluden, von denen sieben zusagten.
Wir freuten uns darauf und machten uns an die Vorbereitungen. Wir wollten das westliche Weihnachtsfest näher bringen, deshalb hängten wir Dekoration auf, suchten Weihnachtslieder raus und kochten.
Einen großen Haufen Bratkartoffeln, Pfannkuchen und eine riesige Schüssel gebrannte Erdnüsse (Mandeln sind in China seeeehr teuer). Außerdem hatten wir einen akzeptablen Ersatz für Glühwein
gefunden.
Letzten Endes sagten die Gäste im Laufe des Abends doch noch ab, sodass genau ein Gast erschien. Danke Miss Liz, wir hatten es auch ganznett zusammen, trotzdem war das Ganze entwas enttäuschend.
Naja, Schwamm drüber.
Das war es mit diesem Thema, innerhalb dieser Woche werde ich noch zwei weitere Einträge schreiben und hochladen. Bis dann ;)
Innerhalb der
letzten 2 Wochen habe ich insgesamt sechsmal zwei verschiedene Krankenhäuser besucht. Keine Sorge, keinen von uns Freiwilligen hat es ernsthaft erwischt, dafür aber zwei unserer Slumkinder. Über den
einen Besuch hatte ich beim letzten Eintrag schon kurz geschrieben, die Schülerin hatte eine Darminfektion. Wesentlich schlimmer hatte es da ein Drittklässler, der einen Blinddarmdurchbruch erlitten
hat. Dementsprechend war die letzte Zeit auch für mich als Koordination ziemlich stressig.
Für das
Baumhaus-Magazin sollte ich abschließend einen Artikel und Spendenaufruf schreiben; diesen werde ich hier einfach auch benutzen. Er ist zwar recht sachlich geschrieben, gibt aber einen ausführlichen
Überblick über die Situation. Und immerhin hört ihr dann mal wieder was von mir. Da ich in der letzten sehr viele Mails und Texte schreiben musste, werde
ich dem Artikel nicht soo viel hinzufügen – den nächsten Eintrag verfasse ich dann wieder mit etwas mehr Zeit.
Das
oberste Ziel des Slumkidsprojektes in Liuku ist es, den Baumhaus-Patenkindern eine Schulbildung zu ermöglichen. Doch dazu gehört mehr, als die Einschulungsgebühr für das Kind zu bezahlen und einen
Platz an einer Schule zu organisieren. Wir Freiwilligen vor Ort müssen nämlich außerdem sicherstellen, dass die jungen Schüler auch wirklich zum Unterricht erscheinen können. Deshalb unterstützen wir
die Familien zusätzlich bei einigen Krankheitsfällen der Patenkinder, falls wir zu dem Schluss kommen, dass unsere Hilfe in diesem Fall sinnvoll ist und wirklich benötigt wird.
So einen Fall hatten wir in den letzten zwei Wochen.
A Pi Da
ist ein zehnjähriger Junge, der mit seinen Eltern und sieben Geschwistern in dem zweitgrößten, von uns betreuten Slum lebt.
Bereits im März 2015 hatte er einmal an so starken Schmerzen im Bauchraum gelitten, dass ihn die damaligen Freiwilligen ins Krankenhaus gebracht haben – die Untersuchung hatte jedoch nichts
ergeben. Gegen Ende November hatte er erneut sehr starke Schmerzen bis hin zu Krämpfen - nachdem seine Eltern ihn zum Krankenhaus brachten, lautete die Diagnose: Blinddarmdurchbruch.
Dementsprechend folgte am Tag drauf die Operation, die der Drittklässler gut überstanden hat. Für ihn hieß es nun eine Woche im Krankenhaus warten, um die Wunde verheilen zu lassen und ihm etwas
Ruhe zu gönnen.
Tatsächlich
wurden wir erst 4 Tage nach dem Eingriff über die Situation informiert, da der Vater, der unsere Kontaktdaten hat, erst dann zurück nach Liuku kam. Mit der finanziellen Lage überfordert sind sie an
uns mit der Bitte, die Familie zu unterstützen, herangetreten. Da die Eltern (und damit auch die Kinder) nämlich nicht registriert sind, erhalten diese keine Unterstützung vom Staat. Solch eine
Behandlung ist für chinesische Verhältnisse mit insgesamt ca. 7000 Yuan (Umgerechnet ~1000 €) sehr teuer. Auch die Bezahlweise läuft sehr anders als in Deutschland ab – Bevor man eine Pauschalgebühr
von 3000 Yuan bezahlt hat, wird man nicht operiert. Diese Gebühr konnte sich die Familie zum Glück kurzfristig mit Mühe und Not von mehreren Nachbarn leihen.
Um nun zu prüfen, ob wir die Krankenhauskosten übernehmen würden, mussten wir uns ein Bild von der Situation machen. Also besuchten wir A Pi Da im Krankenhaus am Tag drauf, stellten etliche
Fragen zum Ablauf der Behandlung, den verschiedenen Gebühren und seinem derzeitigen Zustand. Der Junge wirkte wegen unserer ganzen Fragerei an seinen Vater zwar etwas verunsichert, aber es ging
ihm den Umständen entsprechend wieder recht gut. Auch wenn man ihm die Folgen der Krankheit und der Operation ansehen konnte, vermochten wir es trotzdem ihm mit dem mitgebrachten Obst und einem
Kuscheltierhäschen ein Lächeln auf sein Gesicht zu zaubern.
Am folgenden Tag wurde A Pi Da aus dem Krankenhaus entlassen.
Doch
damit war der Kleine noch nicht genesen. Eine halbe Woche später wurden wir erneut kontaktiert; die Wunde habe sich entzündet und wieder geöffnet. Also haben wir uns sofort auf den Weg zu ihm nach
Hause gemacht, um die Lage zu begutachten. Es wurde aber sehr schnell klar, dass der Junge erneut ins Krankenhaus musste. Vor Schmerzen war er überhaupt nicht ansprechbar, seinen Familienmitgliedern
stand die Sorge um ihn deutlich ins Gesicht geschrieben.
Allerdings musste die Behandlung von Seiten der Ärzte leider noch 2 Tage warten. Als er endlich untersucht werden konnte, war es ihm kaum noch möglich, sich mit eigener Kraft aufrecht zu halten
und musste von seinem älteren Bruder gestützt werden.
Seine Wunde wurde im Folgenden gesäubert und erneut genäht, sie hatte sich vermutlich aufgrund schlechter hygienischer Verhältnisse in seinem Umfeld entzündet. Dennoch wurde er nach der
Behandlung trotz mehrfachen Protestes von unserer Seite wieder nach Hause geschickt, da sein Gesundheitszustand nicht schlecht genug sei, um ein Bett in Anspruch nehmen zu können. Es wurde noch
der Tipp gegeben, Honig auf die Wunde zu schmieren, um einer erneuten Infektion vorzubeugen – was zwar tatsächlich hilfreich ist, uns in der Situation trotzdem nicht wirklich beruhigte.
Weitere zwei Tage darauf folgte eine erneute Untersuchung. Glücklicherweise wirkte A Pi Da nun schon deutlich fitter, er konnte selbständig gehen und einige Späße machen. Auch wenn das säubern
der Wunde ihm noch immer sichtlich Schmerzen bereitet hat, ist diese schon deutlich besser verheilt. Wir sind optimistisch, dass er innerhalb der nächsten Tage wieder komplett gesund werden
wird.
Wir
wollen sicherstellen, dass alle unsere Baumhaus-Patenkinder eine Schulbildung erhalten können, damit diese eine Chance auf ein Leben außerhalb der Slums haben. Um die Familien auch weiterhin bei
neuen Notfällen finanziell unterstützen zu können, brauchen wir Ihre Hilfe! Schon fünf Euro können uns wirklich weiterhelfen! Spenden mit dem Verwendungszweck „Medizinische Notfälle im Slum“ werden
für solche Situationen genutzt werden. Die Bankdaten lauten:
Name: Peter Jochimsen Stiftung
IBAN: DE45 21050170 1001630662
BIC: NOLADE21KIE
Konto Nummer: 1001630662
Bankleitzahl: 210 501 70
Bank: Fördesparkasse
Wir danken ihnen im Voraus vielmals für Ihr Mitgefühl und Unterstützung!
So, jetzt
noch ein paar persönliche Eindrücke von mir. Allem voraus erst einmal: ich habe echt genug von den chinesischen Krankenhäusern! Da ist die äußerst fragwürdige Entscheidung, A Pi Da unter Schmerzen
wieder nach Hause zu schicken – nach unserem Nachhaken meinte der Arzt übrigens noch, dass in dem Krankenhaus sowieso mehr Erreger als bei ihm zu Hause rumfliegen würden. Der Ständige Geruch von Zigarettenqualm, Chlor und Blut ist fast genauso schlimm wie die Zimmer, in denen die Patienten auf engstem Raum untergebracht sind. Da man
vor jeder Behandlung oder Untersuchung bezahlen muss, kann es vorkommen, dass der Patient mehrmals lange Strecken alleine bewältigen muss. Es gibt zwei Gebäude, das eine hat Aufzüge, das andere
nicht. Dadurch kann es vorkommen, dass man selbst mit gebrochenem Bein Treppen steigen müsste. Und diese Treppen sind dabei noch nicht einmal gleichmäßig.
[Anmerkung: Ich bin gerade ein wenig unzufrieden mit den Beschreibungen – eigentlich müsste man so ein Krankenhaus mit eigenen Augen von innen gesehen haben, um sich ein richtiges Bild zu
verschaffen.]
Ansonsten
haben wir es tatsächlich geschafft, Kleidung aus den Kleidungscontainern der Vorgängergenerationen loszuwerden – nach etwas hin und her haben wir Kontakt mit einer Privatgruppe in Fugong (dem
Bezirk nördlich von Lushui) hergestellt. Diese ist dann mit einem Minibus vorbeigekommen, in den wir überraschenderweise alles reingestopft bekommen haben, was wir vorher rausgesucht hatten;
immerhin 45 Kisten und 15 Säcke Kleidung!
Ein kleines Update:
A Pi Da geht es jetzt wieder gut, ich habe ihn am 17.12 zuhause besucht, um das Geld zu übergeben. Damit können wir endlich ein Häckchen hinterdie ganze Geschichte setzen.
Auf dann, der nächste Eintrag kommt vermutlich Ende Dezember, von daher möchte ich euch schon mal frohe Weihnachten wünschen! 再见 ;)
… lässt sich
leider vor allem sagen, dass sie wirklich nicht besonders erwähnenswert sind. Zumindest bisher habe ich eher ein paar nützliche Worte als ganze Sätze oder gar chinesische Grammatik gelernt. Und
trotzdem lebe ich offensichtlich noch und bin nicht verhungert. Tatsächlich haben wir es sogar geschafft, uns Kontakte bei einigen Chinesen zu schaffen, die kein Englisch sprechen können. Und davon
gibt es hier viele.
Vor allem liegt
die schleichende Verbesserung der Sprachkenntnisse daran, dass uns von unserer Schule kein Chinesischunterricht angeboten wird, was wir ursprünglich gehofft hatten. Also müssen wir uns die Sprache
selbst beibringen, was sich als sehr schwer herausstellt, da mich bisher keine der Lernmethoden so richtig überzeugt hat. Wir haben zwar viele zur Verfügung: Die Bücher der ehemaligen Freiwilligen,
Memrise (eine Website/ App zum Vokabellernen), andere Onlinekurse oder Anleitungen… - aber davon hat mich bisher keine so richtig überzeugt. Im Moment bin ich dabei, zu versuchen, mir über ein paar
chinesische Lieder und deren Liedtexte ein paar Worte beizubringen, bei diesen ist zumindest die Aussprache definitiv richtig. Außerdem muss ich ganz ehrlich zugeben, dass es häufig einfach an der
Motivation mangelt, auch wenn die Zeit manchmal durchaus da wäre.
Der Fairness halber muss aber auch erwähnt werden, dass es für uns Europäer wirklich schwierig ist, Chinesisch zu lernen. Während Deutsch und Englisch viele Gemeinsamkeiten haben (die
offensichtlichste das lateinische Alphabet), ist der Unterschied zu den asiatischen Sprachen sehr groß. Die silbenbasierte Sprache, die verschiedenen Töne und die Notwendigkeit, neben der
Aussprache und den Worten in Pinyin auch noch die Schriftzeichen zu lernen, erschweren unseren sprachlichen Fortschritt.
Doch trotz all
der sprachlichen Probleme, mit denen man hier konfrontiert wird, ist mir aufgefallen, dass die verbale Kommunikation für den Alltag gar nicht so wichtig ist, wie ich zuerst gedacht hätte. Denn
solange man sich sieht und dadurch auf Mimik und Gestik zurückgreifen kann, ist die Verständigung mit dem Gegenüber gar nicht so schwierig. So haben wir uns zum Beispiel schon Kontakte zu
verschiedenen Verkäufern gemacht, darunter die „Er-Kuai-Frau“, die Nudelsuppenfrau und die Obstfrau (bei der ich aber auch schon einiges an Geld gelassen habe, man kennt mich ja ;) ). Und das, ohne
dass wir wirklich mit diesen Gesprochen hätten – am häufigsten hört man von uns ein „Ich brauche keine Tüte“ oder „Dankeschön“, worauf eigentlich immer ein „nichts zu danken“ erwidert wird. Vor allem
ein freundliches Lächeln bringt einen immer weit.
Interessant ist auch, dass wir nicht die einzigen sind, die mit Händen und Füßen rumfuchteln, um sich verständlich zu machen; denn auch in Liuku werden verschiedene Sprachen gesprochen, die
jedoch nicht alle beherrschen. Die meisten Einwohner der Stadt beherrschen Mandarin, also die offizielle Landessprache. Da allerdings über die Hälfte der Menschen aus Liuku der Lisu-Minderheit
angehören, ist deren Sprache (also Lisu) ebenfalls sehr verbreitet. Außerdem sprechen einige Wenige auch Burmesisch, weil Liuku nahe an der Grenze zu Myanmar liegt. So kam es in der letzten Woche
dazu, dass neben mir ein weiterer Fahrgast in den Minibus zurück nach Liuku gestiegen ist. Nachdem dieser sich nach ungerfähr 2 Minuten endlich fertig gefreut hatte, dass ein „Laowai“ (Langnase)
mit ihm im taxi saß, fing er an, sich mit der Fahrerin zu unterhalten – und zwar so gut wie ohne Worte. Besagter Fahrgast hatte ein beeindrucken großes und verständliches Repertoire an Gesten
benutzt, auf die man wirklich neidisch sein konnte.
Im Gegensatz dazu
ist es allerdings sehr schwierig, sich mit Chinesen zu unterhalten, die man nicht sieht – heißt, mit denen man telefoniert. Das kommt zum Glück nicht allzu
häufig vor; die Anrufe von wildfremden Chinesen, die irgendwie an unsere Nummern kommen, werden inzwischen seltener, vielleicht drei pro Woche. Der einzige Kontakt, mit dem wir regelmäßig
telefonieren müssen, ist der Wassermann, der uns mit Trinkwasser beliefert. Ein Gespräch läuft dabei ungefähr so ab:
Wassermann: „Hallo?“
Ich: „Hallo. Wir wollen Wasser!“ –wenn aus irgendeinem Grund nicht der Wassermann am anderen Ende der Leitung wäre, würde diese Person sich vermutlich ziemlich veräppelt vorkommen und direkt
auflegen, was ja auch für uns am einfachsten wäre.
Wassermann: *für uns unverständliches Chinesisch, welches hoffentlich mit einem „hao“ endet*
Ich: „Wir sind die Ausländer an der Minzu Zhong Zhuan.“
Wassermann: *Meist noch längeres unverständliches Chinesisch, ich warte auf eine Pause*
Ich: „ Ich brauche drei Kanister Wasser.“
Im Optimalfall hätte er jetzt alles verstanden und würde nach einem „hao, hao“ auflegen – allerdings muss man häufig noch alles mindestens einmal wiederholen, bis er zu verstehen gibt, dass er
gleich vorbeikommt. Aber immerhin: Bisher hat es immer geklappt und wir mussten nicht verdursten.
Nun, wir wurden
zu einem Polterabend und der darauf folgenden Hochzeit eingeladen. Dabei konnten wir uns ein bisschen mit unseren Nachbarn bekanntmachen und versuchen, das Mojiangspiel zu lernen – was aber kläglich
gescheitert ist. Außerdem haben wir ein von uns im Rahmen des Slumkidsprojektes betreutes Kind besucht, welches weiter außerhalb der Stadt wohnt, da es krank war und länger nicht zur Schule gehen
konnte. Aus diesem Grund haben wir uns auch dazu entschlossen, sie auf dem Rückweg mit ins Krankenhaus zu nehmen, inzwischen geht es ihr besser. Der Unterricht läuft soweit gut, wir lernen die
Schüler besser kennen und diese trauen sich inzwischen etwas mehr zu sprechen.
Außerdem wurde ich von einer ehemaligen Freiwilligen angeschrieben, um mich zu informieren, dass ich früher angelegte Depositionen für „unsere“ Schulkinder von einer der Grundschulen abholen
könnte. Also habe ich mich am nächsten Tag auf den Weg dorthin gemacht, tatsächlich hat alles geklappt, sogar besser als gedacht: aus den ursprünglich Angedachten 400 Kuai wurden 4200 und so habe
ich mich ca. eine Stunde später mit 84 grünen Mao’s mehr in der Tasche auf den Rückweg gemacht.
Zu guter Letzt waren wir noch mit einer Lehrerin unserer Schule Pizza essen, um daraufhin den wunderschönen „Magic-Forest-Pfad“ an einem der Berghänge Liukus zu beschreiten. Damit kann ich die
Galerie wieder etwas weiter auffüllen.
PS: Dieser Blogeintrag hat wieder etwas länger gebraucht – es lag aber diesmal nicht an Ratten (obwohl hier noch immer welche rumflitzen), sondern daran, dass ich in den Wochen sehr viele Mails schreiben musste, wodurch meine schreiberische Motivation etwas gelitten hat. Ich hoffe, das ist verzeihlich ;)
In den letzten 2
Wochen ist dann doch wieder einiges passiert. Wir sind nun tatsächlich umgezogen und haben eine Woche drauf auch tatsächlich noch nach ewigem Nachhaken den Internetanschluss erhalten. Außerdem haben
wir uns ein paar neue Freunde gemacht, andere schweren Herzens gehen lassen, sind weiter in die Projektarbeit eingetaucht, haben unseren ersten Berg bestiegen und ein romantisches Candellightdinner
genießen dürfen.
Gehen wir mal
chronologisch vor; Vor genau 2 Wochen haben wir endlich doch Lehrer getroffen, die uns gegenüber weniger verhalten waren. Tatsächlich gingen wir gerade nichts ahnend unseren abendlichen
Beschäftigungen nach – bis plötzlich drei Chinesen vor unseren Türen standen, obwohl wir in unserer Wohnung zuvor noch nie wirklich Besuch bekommen haben. Wir waren dementsprechend erst einmal etwas
verwirrt, aber mit gebrochenem Englisch konnten wir uns dann gegenseitig ganz gut vorstellen (Aufgrund schwieriger, westlicher Namen hat Biao, ein Mathelehrer, uns dann aber einfach von 1 bis 5
durchnummeriert).
Und so wurden wir auch prompt am nächsten Abend in deren Wohnung zum eingeladen – typisch chinesisch zum Trinken und Kartenspielen. Es war ein spaßiger Abend – vor allem hat es uns aber viel
bedeutet, dass jemand auf uns zugekommen ist.
Der nächste Punkt
auf der Liste war das Geschäftsessen mit Miss Liz, unserer chinesischen Ansprechpartnerin für das Slumkidsprojekt. Sie ist seit dem späten Frühling dieses Jahres von der letzten Generation
„angeworben“ worden und unterstützt uns nun zu unserem Glück weiterhin. Also ging es am Tag vor der Einladung zu dem Restaurant unserer Wahl, welches mit unglaublich schöner Lage in einem
(künstlichen) See und B-Klassifizierung punkten konnte. Besser als B gibt es in Liuku übrigens gar nicht, das Restaurant war dementsprechend auch sehr teuer, aber auch sehr lecker. Blöderweise habe
ich rechtzeitig zu dem edelsten Essen bisher eine Magenverstimmung bekommen, was dessen Genießbarkeit nicht gerade gefördert hat.
Am Tag drauf
hatten wir das Projektübergabetreffen, auch gerne PÜT genannt, bei dem uns Nelly noch einmal die verschiedenen Projekte vorgestellt, uns nach unseren Plänen mit diesen ausgefragt und sie am Ende, wie
der Name bereits vorwegnimmt, an uns weitergegeben hat. Ich werde mich um die Koordination des Slumkidsprojektes kümmern; Im Moment geht es dabei noch viel darum, sich bei den chinesischen Kontakten
vorzustellen, neue Paten auszuwählen und die Slums zu besuchen. Ich bin sehr gespannt, was noch alles folgen wird.
Und pünktlich zum nächsten spannenderen Ereignis bin ich wieder krank geworden, diesmal mit einer fieseren Erkältung. Till (Verlängerer aus der 7. Generation) und sein Bruder Eike sind zu Besuch zu uns nach Liuku gekommen, beide sind übrigens ebenfalls Kieler Jungs – was ein bisschen Verstärkung für Tom und mich bedeutet, wenn es in Diskussionen darum geht, ob „Naschi“ oder „Bushalte“ echte Wörter sind. Der Grund des Besuches war (außer, dass Liuku einfach verdammt cool ist), dass Till sein Visum hier verlängern sollte – was aber leider weder bei ihm noch bei Nelly geklappt hat, was für die beiden bedeutet, dass sie für den nächsten Antrag nach HongKong müssen.
Wie im ersten
Eintrag bereits erwähnt, war unsere erste Wohnung nicht von langer Dauer. Am Dienstagmorgen wurden wir zu der für uns Verantwortlichen Lehrerin gerufen, um die Förmlichkeiten für unseren Umzug
abzuwickeln. Das hieß in diesem Fall, dass wir einen offensichtlich mithilfe eines Onlineübersetzers bearbeiteten Vertrag unterschreiben sollten, der (vermutlich) besagen soll, dass Krisi in der
neuen Wohnung nicht schwanger wird, obwohl wir mit ihr zusammen leben. Falls doch, so hat die Schule keine Schuld für das Geschehen. Tatsächlich ist in den nächsten Tagen noch der
Sicherheitsbeauftragte vorbeigekommen, um sicherzustellen, dass Krisi einen eigenen, abschließbaren Raum ohne irgendein anderes Bett bewohnt.
Doch zurück zum Umzug: Zum Glück wurden uns einige Unterstützer in Form der Motortechnikerklasse zur Verfügung gestellt, die uns geholfen haben, unsere Habseligkeiten zu schleppen. Als das
endlich geschafft war, konnten wir endlich unser neues Heim in Ruhe begutachten: Wir leben nun in einer Wohnung mit 4 Zimmern, von denen wir 3 als Schlafzimmer und eines als Küche bzw Lagerraum
nutzen. Außerdem haben wir zwei Balkone, auf denen wir dank der Tatsache, dass wir im 4. Stock des Gebäudes unser Quartier bezogen haben, sogar eine recht schöne Aussicht genießen dürfen. Es ist
zwar alles ehr staubig, da der Betonboden keinen Belag hat, aber wir haben uns mit Schaumstoffpuzzleteilen Abhilfe verschafft, dieser zum Teil ausgelegte, bunte Boden hat auch was für sich. Sogar
fließendes Wasser und eine Klosche (Klo & Dusche in einem) haben wir hier – zwar mit sehr kaltem Wasser, aber man will ja nicht meckern ;). Besonders glücklich bin ich darüber, dass wir es
sogar geschafft haben, unsere doch recht bequemen Betten mit Matratze hochzuschleppen, auf denen man doch sehr gut schlafen kann.
Am Donnerstag
habe ich mit Nelly und Miss Liz die Grundschulen besucht, an denen die von uns unterstützten Kinder unterrichtet werden. Blöderweise waren beide Besuche aber erfolglos, da auf der einen Schule kein
Ansprechpartner da war und wir für die andere ein Liste der Schüler hätten mitbringen müssen. Also sind wir unverrichteter Dinge wieder abgezogen, um es in der nächsten Woche noch einmal zu versuchen
(Nun hat es heute auch geklappt und der Punkt kann von der Liste gestrichen werden).
Am Tag drauf
wurden wir alle, inklusive Till und Eike, die gerade von einem zweitägigen Trip nach Fugong zurück gekommen waren, von Miss Liz zum Essen bei eingeladen. Danach ging es noch als eine Art letzte
Verabschiedungsveranstaltung ins KTV (Karaoke TV), einem Trend, der sich inzwischen wohl überall in China breit gemacht hat. Dabei mietet man sich als Gruppe einen Raum mit Fernseher, Lautsprechern
und Mikros – den Rest kann man sich wohl denken. Schon auf dem Weg zu unserem Separet wurden wir von bunten Lichtern und chinesischer Popmusik empfangen, bei uns ging es dann mit beidem direkt
weiter. Zum Glück gab es aber auch einiges an westlicher Musik, von „Gimme“ (ABBA) bis „I’m sexy and I know it“ (LMFAO) haben wir wirklich viel abgegrast.
Am nächsten Tag mussten wir uns dann leider von den Dreien verabschieden – für Nelly ging es weiter nach HongKong, Till & Eike sind nach Lanping aufgebrochen. Nelly war uns eine sehr große
Hilfe für den Start in Liuku, aber auch sonst war sie sehr cool (drauf), weshalb wir sie hier schon sehr vermissen.
Aber der Tag war nicht nur von Abschied geprägt, sondern auch von der anschließenden Bergwanderung von Tom, Konrad und mir (zu der ich gleich noch komme) und einem anschließenden Filmabend mit
„Last Samurai“.
Das soll es jetzt
auch erstmal mit der vermutlich etwas langweiligernen Aufzählung von Ereignissen gewesen sein. Ich wünsche euch – lieben Blogleserinnen und Blogsesern – noch einen schönen Tag/Abend. Man hört
sich
:)
Die Berge haben
mich seit meiner Ankunft hier echt fasziniert, eigentlich wäre ich gerne direkt am ersten Tag auf einen raufgestiegen. Dazu ist es dann aber erst 3 Wochen später gekommen, als ich Konrad und Tom von
der absoluten Sinnhaftigkeit einer kleinen Bergtour überreden konnte. Da wir am Vormittag die drei ehemaligen Weltwärtsler verabschiedet haben, ging es
erst gegen Mittag los. An Planung haben wir uns eigentlich nur einen Berg nahe dran ausgesucht, der nicht allzu hoch war – ansonsten hieß es „mal schauen, wo es uns längstreibt.
Als Anfang des
Aufstiegs hatten wir uns eine zusammengebrochene Treppe nahe der Hauptstraße ausgesucht, die ungefähr in Richtung des besagten Berges ging. Der gewählte „Weg“ führte uns durch Mais- und andere Felder, bis wir zu einer Straße kamen, die uns zu einer Baustelle leitete. Dort wurden wir mit schiefen Blicken angeschaut, da aber
keiner etwas sagte, haben wir die Wanderung fortgesetzt. Da uns die Straße aber schnell zu langweilig wurde, ging es flott wieder ab in die Wallachei, an Ziegen vorbei, durch für Zecken und anderes
Viehzeug paradiesische Büsche und Sträucher und über steilere Hänge voller Schotter.
Schon stießen wir
wieder auf eine Straße, der wir dann auch dankbar weiter folgten – bis wir zu einer Grabstätte gelangten, von der aus man einen wunderschönen ersten Ausblick auf Liuku genießen durfte. Die Grabmäler
selbst waren aber auch ganz und gar nicht von schlechten Eltern.
Genug gesehen, weiter geht’s: jetzt wieder etwas steiler gerade nach oben in Richtung Gipfel. Nach einem kurzen Abstecher auf die nächste Schotterpiste sind wir auf einen Pfad gestoßen, der wohl
dazu benutzt wird, um Vieh über den Gipfel zu treiben. Auf diesem haben wir uns dann auch gegenseitig bis zum Ziel des Aufstieges angetrieben – und haben eine Spitze des Bergkammes erreicht. Nach
3 Stunden Wanderung also eine Rast, bevor es wieder an den Abstieg ging; oben habe ich zu John Powells „Forbidden Friendship“, einem unglaublich schönen Soundtrack (ich hatte mir eigens zu diesem
Zweck Kopfhörer mitgenommen) die wohl epischte Drachenfrucht bisher verspeist. Hier einmal kurz die Koordinaten, auf denen der Gipfel liegen müsste: 25.859933 Nord 98.875179 Ost. Er ist nicht
besonders hoch, aber für den ersten Aufstieg ist das schon ok, vor allem, da die Aussicht trotzdem atemberaubend war.
Nach der Rast ging es dann zurück ins Tal – auf halber Strecke haben wir uns aber von einem Tuk-Tuk mitnehmen lassen, um nicht zu spät zurückzukommen.
Wir können nun sagen, dass wir im Himalaja waren, wer kann das schon? Der erste Anlauf hat ja ganz gut geklappt, die nächste Wanderung führt uns dann auf einen Viertausender in der Nähe
:D
PS: Ich kann diesen Eintrag übrigens gerade erst sehr spät hochladen, weil wir gerade noch eine Ratte aus der Wohnung jagen mussten, die sich im Kühlschrank eingenistet hatte. Leider hatte sie einen Zwischenstopp in meinem Zimmer gemacht, wo wir sie letztenendes aber auch mit Geschrei und Geleuchte vertreiben konnten.
Auch wenn ich im Moment mit einer etwas fieseren Erkältung flach liege, wollte ich endlich mal den Eintrag zu den Slums hochladen (ich hoffe, die Qualität des Artikels hat darunter nicht zu leiden). Wie bereits im ersten Blogeintrag kurz erwähnt, hat uns Nelly seit letzter Woche Donnerstag an 3 Tagen insgesamt 7 Slums gezeigt. Uns wurden die Kinder vorgestellt und wir haben Bücher und Zahnbürsten zu verteilt, die uns gespendet wurden.
Doch
bevor es um unsere Erlebnisse geht, ein paar Worte zu dem Projekt an sich:
In und um Liuku gibt es einige kleinere Slums, in denen leider auch viele Kinder unter ärmsten Verhältnissen leben – häufig werden sie von den Eltern losgeschickt, um im Müll nach brauchbaren
Nahrungsmitteln oder Gegenständen zu suchen. Da diese dann
nicht zur Schule gehen können beziehungsweise die Eltern den Platz in der Grundschule nicht kaufen können, wird dieses Kind später keinen einigermaßen guten Job finden, wodurch es nicht aus dem
Slum rauskommt. Um diesen Teufelskreis zu durchbrechen, wurde seit der 4. Generation an Freiwilligen (wir sind übrigens die achte) das Slumkidsprojekt aufgebaut. Dieses besteht darin, in
Deutschland Paten für die Kinder zu finden, die diesen die (mit 80€ pro Jahr für unsere Verhältnisse recht billige) Grundschulgebühr bezahlen können. Außerdem werden die Patenkinder über das Jahr
von uns besucht und betreut. Zum Patenschaftsprojekt
gehören momentan 38 Grundschulkinder von der ersten bis zur vierten Klasse.
Außerdem gibt es noch die Summerschool, eine Nachhilfeschule in den chinesischen Sommerferien, bei der wir die Kinder über einen
Zeitraum von 4 Wochen noch weiter unterstützen.
Da wir dieses Jahr deutlich weniger Freiwillige als in Liuku sind und wir noch nicht wissen, ob der Standort in der nächsten Generation überhaupt besetzt wird, besteht
unsere Aufgabe neben dem weiterführen auch in dem Outsourcen des Projektes an die Chinesen. Auch wenn uns das vermutlich nicht vollständig gelingen wird, könnte man so den Kindern auch in den
nächsten Jahren noch helfen, selbst wenn keine Deutschen mehr vor Ort wären.
Zurück zu uns.
Auch wenn wir die Besuche, wie bereits im Einstieg erwähnt, auf verschiedene Tage verteilt wurden, haben wir uns nie wirklich lange in einem Slum aufgehalten, da die Fahrten und Wanderungen zu den
Slums schon die meiste Zeit in Anspruch genommen hat. Diese Wege habe ich aber größtenteils sehr genossen, da man während der Fahrt viele neue Ecken der Stadt und während der Fußwege interessante
Pfade durch Maisfelder oder Berghänge sehen konnte.
Die Slums selber waren sehr unterschiedlich in Bezug auf Größe, Lage und Aufbau – trotzdem möchte ich euch hier nur meinen Gesamteindruck übermitteln. Genauere Berichte zu den einzelnen Slums
kommen dann bei den nächsten Besuchen.
Sie waren zuerst einmal kleiner als erwartet. Wenn man in unseren Medien von Slums hört oder liest, dann sind das eigentlich immer riesengroße Gebiete, in denen dicht gedrängt Wellblechhütten stehen. Hier haben wir schon von einem Slum gesprochen, wenn zwei Familien ohne Erlaubnis hinter einer Fabrik in kleinen Hütten leben. Wobei der größte Slum mit ca. 100 Einwohnern schon eher an unser Bild von einem Slum erinnert – auch wenn die Hütten nicht so eng beieinander standen. Diese waren aus allen möglichen Materialien gebaut: Bambus, Holz, Wellblech als Dächer, Brettern, Drähten, Planen, Plastik und manchmal etwas Lehm oder Steinen. Dabei hat mich beeindruckt, wie stabil diese Gebäude auch an zB einem Berghang stehen, obwohl sie behelfsmäßig aus gefundenen Materialien gebaut wurden.
Außerdem gab es
noch einige weitere Dinge, die mich in den Slums beeindruckt haben. Da war eine gewisse Ordnung in all dem Chaos, die allerdings schwierig zu beschreiben war (ich habe es gerade mal versucht und bin
gescheitert, vielleicht bekommt ihr ja denselben Eindruck über die Bilder). Die Stimmung der Menschen dort war gut – ich hätte zwar nicht erwartet, dass sie alle mit Trauermienen durch die Gegend
laufen, aber trotzdem war es schön, den Kindern zuzugucken, wie sie auf Plastikflaschen die Hänge runtergerutscht sind. Zudem gab es immer eine Strom- und meist eine Wasserversorgung, sie sie nun die
eigene oder vom Nachbarn (vielleicht in Absprache) angezapft.
Es gab auch einige interessante Widersprüche, der offensichtlichste war, dass in allen Hütten ein Fernseher stand (und lief, als wir da waren meist Garfield, aber in einem unschönen neuen
Animationsstil :D ). Diese wurden wahrscheinlich von der chinesischen Regierung bezahlt, weil jede Familie einen Fernseher besitzen sollte.
Zu unserem
eigentlichen Besuch: wir wurden immer sehr freundlich empfangen, uns wurde Tee oder Wasser angeboten, einmal habe ich noch einmal einen Maiskolben in die Hand gedrückt bekommen. Sobald wir in eine
der Hütten getreten sind, wurden uns Stühle angeboten, es wurde Platz geschaffen, es wurden Hände gedrückt und einem zugelächelt. Die Kinder waren uns neuen Freiwilligen gegenüber noch recht scheu,
was aber absolut verständlich und zu erwarten war, aber immerhin waren sie ja schon mit Nelly vertraut. Sie haben sich trotzdem sehr über das mitgebrachte Obst und die Bücher gefreut, besonders schön
war für uns, als eine Mutter kurz danach mit einem Fahrrad an uns vorbeifuhr – die Kinder hinten auf einem Anhänger mit den neuen Büchern in der Hand.
Ich glaube, dass gerade hier Bilder mehr als 1000 Worte sagen. Also schaut auf jeden Fall mal in der Galerie vorbei ;)
Das war es dann auch erstmal wieder von mir,
Viele Liebe Grüße nach Deutschland,
Malte
Vom chinesischen
Verkehr hört man ja immer so einige Schauergeschichten: 1. braucht man quasi keine Praxis, um an eine Fahrerlaubnis zu kommen. 2. ist der Verkehr hoffnungslos überfüllt und stressig. 3. fahren alle
in China komplett rücksichtslos und interessieren sich nur für sich selbst.
Das stimmt auch, zumindest fast. Aber ich finde den Verkehr hier vor allem - - - faszinierend. Es läuft hier vieles total anders als in Deutschland, nämlich ohne jegliche Regel: Es gibt zwar
Zebrastreifen, aber warum sollte man da für die Fußgänger halten? Rote Ampeln? Die sind doch zum rüberfahren gedacht. Man fährt um eine Kurve – am besten hupen, anstatt zu bremsen. In der Nacht
ist Fernlicht doch perfekt, um den entgegenkommenden Fahrern einen Gruß in ihre Netzhaut zu brennen. Aber wenn ein Fahrzeug mal kein Licht hat, ist das auch okay.
Warum ist der
Verkehr also faszinierend und nicht nervig? Weil er funktioniert! Auf eine sehr abstrakte Art und Weise gibt man Rücksicht auf die anderen Teilnehmer, obwohl es so aussieht, als würde man sich
nur um sein eigenes Fahrzeug kümmern. Wenn der Busfahrer sieht, dass rechts noch ein Rollerfahrer langsam überholt, dann wartet er noch kurz, bis er rechts einschert. Und das ist eine
Selbstverständlichkeit, bei der er völlig entspannt wirkt. Die Fahrer wissen irgendwie genau, wann jemand abbiegen will, ohne dass dieser Jemand blinken würde. Die Fußgänger gehen genau dann,
wenn ein Fahrer gerade abbremst, als hätten sie sich gegenseitig abgesprochen – was sie, wenn sie nicht über Telepathie verfügen, nicht getan haben. Es ist eben einfach spannend, diesem Verkehr
zuzuschauen und selbst daran teilzunehmen.
Außerdem gibt es einige sehr interessante Fahrzeuge, die ihr ebenfalls in der Galerie bewundern dürft.
Während
des Jahres in China ist die Minzu Zhong Zhuan unser Wohnort, in dem wir uns insgesamt die meiste Zeit aufhalten werden. Minzu steht dabei für Minderheiten, was unter anderem bedeutet, dass spezielle
Veranstaltungen für die verschiedenen Minderheiten, die in Liuku vertreten sind, veranstaltet werden. Zhong Zhuan ist eine Kurzform für eine Berufsschule, an der viele unterschiedliche Ausbildungen
angeboten werden – einige Beispiele sind Krankenschwestern, Mechaniker und Köche.
Insgesamt
muss ich aber leider sagen, dass unsere Schule schon in einem recht schlechten Zustand ist. Es ist ein typisch kommunistischer Komplex aus Gebäuden: vor 40 Jahren im Sinne der Planwirtschaft
errichtet und seitdem nicht wirklich renoviert worden. Die 2 sechsstöckigen Unterrichtsgebäude sind mit Beamern und Lautsprechern zwar noch recht gut ausgestattet – die dormitorys, also
Schlafgebäude/räume, sind dafür katastrophal. In dem Durchschnittszimmer stehen 6 Hochbetten, also müssen 12 Schüler in einem maximal 50 m² großen Raum zusammen schlafen. Und das ist noch nicht
einmal der engste Schlafraum: da die Schule im Moment hoffnungslos überfüllt ist, wurden die alten Fitnessräume ebenfalls zu Schlafzimmern umfunktioniert, wobei in diesen geschätzt 60 Schüler
nächtigen müssen. Dabei haben besagte „Betten“ eine solche Bezeichnung eigentlich gar nicht verdient, es ist mehr ein Holzbrett, das von ein paar Metallstangen über dem Boden gehalten wird. Die
Fenster sind vergittert, über die hygienischen Zustände wisst ihr ja bereits Bescheid, das Kantinenessen ist ebenfalls nicht das Gelbe vom Ei – es erinnert schon ein bisschen an ein Gefängnis. Da
haben wir es mit unseren Zimmern zum Glück deutlich besser getroffen.
Ansonsten haben wir noch einige Toilettengebäude, einen mittelgroßen, asphaltierten Sportplatz, auf dem fast immer Basketball gespielt wird, einen winzigen Spielplatz, einen kleines
Fahrschulübungsgelände (eigentlich nur ein Parkplatz mit ein paar Linien drauf, auf dem mit maximal Schrittgeschwindigkeit gefahren wird) und einige freie Plätze vor den Gebäuden.
Die
Schüler an der Minzu sind ebenfalls sehr – interessant. Um mal ganz direkt zu sein: Hier läuft ein wildes Gemisch aus - nun sagen wir, recht speziellen Schülern rum. Das bemerkt man gerade bei den
Jungs: Kleidungsmäßig sieht man viel Glitzer und Schickimicki, viele sind mit 14 Jahren bereits kräftig am Rauchen (wobei das in China sowieso so eine Sache ist) und manchen Oberkörper ziert bereits
das eine oder andere Tattoo. An vielen Ecken wird spontan Musik gespielt, einige Jungs besitzen eine Gitarre, es gibt einen Klavierraum und einem der „Fensterboys“ (so haben wir eine Gruppe von
Myanmarern getauft, die oft vor unseren Fenstern gespielt haben) gehört sogar eine Trommel. Witzigerweise sind die Schüler an unserer Schule trotzdem sehr viel schüchterner als die Mädchen. Das merkt
man einerseits im Unterricht, andererseits aber auch in den Pausen: Fast immer, wenn man an einer Gruppe Mädchen vorbeigeht, kommt einem schnelles „Hello“ entgegen. Wenn man das dann sogar noch
erwidert, hört das Gekicher nicht mehr auf. Die Jungs sind da etwas zurückhaltender. Übrigens hört man außer der englischen Begrüßung auch ab und zu ein „how are you, teacher?“, „I love you,
teacher!“ oder einen kleinen Applaus. Das ist zwar schon etwas merkwürdig und unangenehm, aber irgendwie auch ganz nett.
Auch wenn einige Schüler an der Schule ein wenig seltsam drauf sind, sind die Meisten wirklich freundlich und gut drauf und es bringt Spaß, hier zu unterrichten!
Die Lehrer. Tja, die sind hier so eine Sache. Einen Schulleiter gibt es nicht, unsere Ansprechpartnerin ist die Leiterin der
Englischfachschaft. Diese zeigt aber überhaupt kein Interesse an uns oder unserer Arbeit und ist auch organisatorisch ziemlich schlecht. Selbst für chinesische Verhältnisse: als wir uns mit ihrer
Hilfe Internet holen wollten, hat es mehrere Tage und etliche Anrufe gedauert, bis endlich etwas passiert ist. Die anderen Englischlehrer ignorieren uns meist einfach: Man betritt den
Klassenraum, die Englischlehrerin ist noch da. Sobald sie einen bemerkt, drückt sie sich schnell mit einem gemurmelten „have fun“ an einem vorbei und ist weg.
Das Englischniveau der Lehrkräfte möchte ich dabei lieber gar nicht ansprechen.
Die einzige Ausnahme ist eine Englischlehrerin, sie ist meist recht freundlich und hilfsbereit und ihr Englisch ist deutlich besser als das aller anderen Lehrer.
Wir
haben nun seit einer Woche Unterricht; Krisi und Konrad sowie Tom und ich haben 11 Stunden in der Woche. Unser Ziel war dabei in der ersten Woche, das erst einmal das Niveau der Schüler und die
Klassen an sich kennen zu lernen. Letztere sind meist gut drauf und einfach zu begeistern, zum Teil aber auch etwas schüchtern, was sich vor allem in der Sprechlautstärke äußert. Nach mehrmaligem
„CAN YOU SPEAK LOUDER, PLEASE?“ und dazu passender, übertriebener Gestik steigert sich dann die Lautstärke auch oft um ein paar Dezibel.
Unsere ersten Themen waren Fragen wie „What is your name?“ – „How old are you?“ – und „How are you?“, wobei einige Klassen selbst da schon stark an ihre Grenzen gestoßen sind. Das ist aber auch
kein Wunder bei den Lehrern, dem Englischbuch und dem chinesischen Schulsystem allgemein. Dieses besteht zum größten Teil aus Auswendiglernen und dem Lehrer nachplappern, ohne zu verstehen. So
bekommt man zum in vielen Klassen auf die Frage „How are you?“ die Antwort „I am fine, thanks. How are you?“, ohne dass die Schüler wirklich wüssten, was sie da eigentlich sagen.
Es gab auch einige etwas bessere Klassen, wie die Yi (etwas in Richtung Arzt) oder die Huli (Krankenschwestern), aber das sind eher Ausnahmen.
Eines noch: in der Einleitung hatte ich spezielle Veranstaltungen für die Minderheiten erwähnt: eines dieser „Feste für Kulturoffenheit im Nujiang-Tal an der Minzu Zhong Zhuan“ durften wir uns bereits anschauen. Verschiedene Gruppen haben einen Act als Teil und Präsentation ihrer Kultur vorgeführt, die meisten waren Tanz - oder Gesangseinlagen. Die ganze Schule hatte sich abends auf dem Sportplatz zu versammeln, auf dem eine recht gute Bühne und Technikanlage aufgebaut wurden.
In einem chinesischen Restaurant in Deutschland bekommt man anders Essen als in China, das war mir schon bewusst – in besagten Restaurants ist das Essen auf
westliche Ansprüche angepasst und repräsentiert meist auch eher die östliche Küche. Aber dass es sich am Ende so sehr unterscheidet, hätte ich nicht gedacht.
Ich liste hier einfach mal ein paar Speisen auf, die wir bisher genießen durften:
BaoZe: Faustgroße Teigfladen, meist mit einer Fleischfüllung. Die Dinger sind sehr lecker und kosten nur 1 元, also ca 15 ct das Stück. Bekommt man aber nur
früh morgens.
XiaoLongBao: Das gleiche, nur in klein. Auch sehr gut, kostet aber etwas mehr.
Gebratener Reis mit etwas Gemüse drin: Muss man wohl nichts zu sagen.
Gebratene Nudeln: Entweder Reis - oder Getreidenudeln, die sich noch mal in verschiedene Sorten je nach Form aufteilen. Sind meist recht scharf, aber wenn richtig gemacht sehr lecker.
Nudelsuppe: Wieder mit verschiedenen Sorten, ebenfalls scharf, ebenfalls gut.
Dishes: Man wählt verschiedene Gemüse- oder Fleischsorten aus (wobei das Fleisch recht teuer und gar nicht soo lecker ist, weshalb ich darauf eher verzichten
möchte), die dann gebraten und zusammen mit einem Pott Reis serviert werden. Dabei sitzt man meist an einem runden Tisch, auf dem in der Mitte eine drehbare Platte steht, sodass man alle Speisen
einfach erreichen kann. Eine typische Beilage ist zB Tomate-Ei, was sehr gut zu dem Reis passt. Allgemein ist in vielen Sachen Ei drin – und überraschenderweise mag ich das sehr gerne. In
Deutschland habe ich kaum Eier gegessen, hier hingegen werde ich wohl zu einem richtigen Eier-Fan.
Barbeque: Eigentlich dasselbe wie Dishes, nur mit einem Grill ;)
Außerdem gibt es noch einige weitere Genüsse, die ich aber noch nicht benennen kann. Aber das sollte für einen kleinen Überblick eigentlich so
reichen.
Übrigens habe ich den Anspruch an mich selbst, so viel wie möglich zu probieren – bisher hat das auch ganz gut geklappt. Heuschrecken waren zwar noch nicht auf meinem Teller, dafür aber ein
Hühnerkopf- und Bein. Ich halte euch auf dem Laufenden, falls noch andere spannende Tierchen oder Gemüsesorten dazukommen sollten.
你们好 – Seid gegrüßt!
Nach anderthalb Tagen anstrengender Reise waren wir also doch endlich in Liuku angekommen. Das ist nun nur 9 Tage her, doch in dieser Zeit habe ich bereits so viel erlebt; die Stadt, die
Menschen, die Schule(n) und die ersten Schulstunden als Englischlehrer, einen Besuch der meisten Slums in der Umgebung – sogar den ersten Stromausfall hatten wir schon.
Aber von vorne!
Am 14.10 ging der erste Flieger wie geplant von Hamburg nach Amsterdam, wo sich alle 30 Freiwilligen (die 31. müsste sich im Moment auf der Reise befinden) getroffen haben, um den gut neunstündigen Flug nach Peking zu beschreiten. Da ich das Vergnügen hatte, neben Knulli und mit sehr viel Beinfreiheit zu sitzen, war der Flug sehr angenehm.
Tatsächlich haben wir nach einigem hin- und her unseren Anschlussflug gefunden, und nach 6-stündigem Aufenthalt in dieser völlig versmogten Stadt mussten wir uns von unseren Mitfreiwilligen in den anderen Provinzen trennen. Für uns Yunnaner ging es nach einer unglaublich anstrengenden Kontrolle (mehrmaliges Abtasten, Rucksackausräumen und ewiges Warten), dem Einchecken und einigen Blicken à la „was will diese Langnase denn in so einem Kaff“ weiter nach Kunming.
Dort angekommen kam der nächste Abschied von den Pu’er-Menschen, da wir den nächsten Flug nach Baoshan nehmen mussten. Um 20.00 Ortszeit angekommen, wurden wir von der Ehemaligen Nelly und einer Englischlehrerin namens Amy abgeholt. Nach weiteren 4 Stunden Autofahrt sind wir völlig erschöpft im Hotel angekommen. Der 3. Flug hat uns zwar einiges an Reisezeit erspart, an Schlaf war für mich leider trotzdem nicht zu denken. Und um hier einmal Krisi zu zitieren: “unser ökologischer Fußabdruck ist damit wohl total im Eimer.“
Die erste Nacht in Liuku durften wir in einem
recht guten Hotel genießen, da wir Mitten in der Nacht am Ziel der Reise angekommen sind. Dabei habe ich ein sehr luxuriöses Zimmer in der obersten Etage bekommen, in dem mich lediglich eine
Kakerlake demonstrativ auf dem Klopapier erwartete.
Nachdem wir am nächsten Morgen für die nächste Zeit das letzte Mal eine richtige Dusche genießen durften, ging es ab auf die Straße und zu dem nächsten „Restaurant“, bei dem wir das erste
liuku’sche Essen verspeisten: ErSe, eine Nudelsuppe mit Gemüseeinlage.
An dieser Stelle mal eine Beschreibung von
unserer neuen Stadt, wie wir es innerhalb der letzten Woche kennen lernen durften; Liuku ist eine wunderschöne „Mittelstadt“, die lang gezogen an den Ufern des Nujiang (wilder Fluss) und im Tal
vieler direkt angrenzender Berge liegt. Dadurch hat man eigentlich von jedem Punkt in Liuku aus eine atemberaubende Aussicht auf die umliegende Natur! Direkt hinter den meisten Straßen, die man
entlanggeht, bäumt sich ein steiler Berg auf, der breite Fluss trennt die nächsten Berge von der Uferpromenade. Diese Berge sind einerseits dicht bewaldet, an einigen Stellen sieht man aber auch
Felswände an den Hängen emporragen. Einige Flächen werden sogar bebaut, selbst wenn sie extrem steil sind. Außerdem kommen durch die vielen Höhenunterschiede sogar innerhalb der Stadt fantastische
Ausblicke zustande.
Auch die Stadt selbst ist beeindruckend! An sich gibt es – abgesehen von einigen etwas wichtigeren Nebenstraßen – nur eine große Hauptstraße, die sich durch die ganze Stadt zieht. Im Erdgeschoss
der anliegenden Häuser befinden sich kleine Läden, die meisten davon sind „Restaurants“, bei denen man häufig aber mehr auf dem Gehweg als im Laden isst.
Insgesamt fühlt man sich ein bisschen wie in einem Urlaubsgebiet. An der Promenade stehen viele kleine Stände mit Kettchen, Technikartikeln, „echten Bärentatzen“ oder Kleidung – und das, obwohl
Liuku eine Stadt ist, die noch nicht wirklich vom Tourismuszweig erschlossen wurde. Sogar das für unsere westlichen Augen völlig unorganisierte Stromnetz sowie der abstrakte Verkehr haben es mir
angetan.
Auch wenn es dunkler wird, verliert Liuku nichts von seiner Schönheit, aber die Stadt verändert sich: die vielen Leuchtreklamen bestrahlen die Straßen in ihrem bunten Licht und die Lichterketten
an den Brücken und einigen Berghängen werden eingeschaltet. Die Obst- und Gemüsemärkte in den Seitengassen bleiben belebt, dafür wird der Verkehr etwas weniger. Dieser Übergang von Tag zu Nacht
geschieht dann auch noch sehr schnell, da Liuku sehr viel näher als Deutschland am Äquator liegt. Was man übrigens auch am Wetter bemerkt, tagsüber ist es sehr warm, nachts hat man milde,
sommerliche Temperaturen.
Abends trifft man häufig auf Menschentrauben, die sich um verschiedene Tänzer oder Musiker versammelt haben, welche einen Teil ihrer Kultur zeigen. Liuku ist nämlich eine Stadt voller
verschiedener Minderheiten, was man in solchen Momenten deutlich bemerkt.
Man merkt schon, ich bin bereits jetzt ein bisschen in diese Stadt veknallt.
Genug von Liuku, weiter mit uns. Nach dem Frühstück ging es zu unserer Schule, der Minzu Zhong Zuan, wo wir eine kurze Begrüßung und Besprechung mit der Leiterin der Englischfachschaft hatten. Daraufhin wurden wir über den Hauptplatz der Schule zu unseren Wohnungen im Schlafgebäude der Jungs geführt – blöd nur, dass gerade zu der Zeit alle Schüler auf besagtem Platz versammelt waren. Da unser Weg dann sogar noch über ein Podest mit einer Statue von Konfuzius führte, waren die Blicke von hunderten Schülern auf uns gerichtet, was schon recht unangenehm für mich war. Aber auch daran muss man sich gewöhnen, denn als Langnase kommt es hier immer wieder zu solchen Situationen: Schüler fangen an zu klatschen, wenn sie einen sehen, man wird von allen Seiten angestarrt und es werden ungefragt Bilder geschossen (sogar beim morgendlichen Waschen, dazu gleich noch).
Nachdem wir nun aber vom Platz runter waren,
wurden uns unsere neuen Unterkünfte gezeigt; ein Zimmer für Konrad, Tom und mich und ein etwas kleineres für Krisi und Nelly. Die Zimmer sind recht gut, gerade bei den Betten hätte es deutlich
schlimmer kommen können. Da die Ehemaligen Freiwilligen an der Minzu, Nora und Julia, uns einiges an Sachen hinterlassen haben, waren wir die nächsten drei Tage viel damit beschäftigt, Kisten voller
Unterrichtsmaterialien, Kleidung, Töpfen, Tellern usw. zu unseren Räumen zu tragen und zu sortieren. Sehr interessant war dabei das Aufbauen der Steckschränke, weil wir keinen Bauplan hatten: Es
wurden Pläne gemacht, wieder verworfen, etwas aufgebaut, wieder abgebaut… Am Ende sind aber ganz gute Ergebnisse dabei rausgekommen.
Zwischen unseren Zimmern liegt übrigens eine Art Balkon, von dem aus man mit bester Aussicht auf die Waschstation und den dahinter aufragenden Berg kochen kann, was wir auch schon genutzt
haben.
Vor 3 Tagen haben wir dann nur die Nachricht bekommen, dass wir gar nicht in diesen Wohnungen bleiben, sondern in eine Wohnung abseits der Schlafgebäude der Schüler ziehen… Also heißt es in ca. einer Woche noch einmal umziehen.
Ansonsten hat uns Nelly in den Tagen nach der Ankunft viel von der Stadt gezeigt – wir wurden von explosionsartigen Böllerketten bei einer Hochzeit erschreckt, auf dem Untergrundmarkt Schlüssel anfertigen lassen, uns chinesische SIM-Karten gekauft, auf Dächer geklettert, um irgendwie an festes Internet zu kommen (was inzwischen sogar geklappt hat), beim ersten Stromausfall, den ich bisher erlebt habe, im Dunkeln gesessen und und und.
Auch sehr spannend war für mich das erste Waschen per Hand. Zusammen mit Krisi und Nelly hatte ich meinen ersten Waschgang – beide waren bei den Pfadfindern und hatten von daher schon einige Erfahrung. Ich hingegen war etwas hilflos und habe einige Lacher kassieren müssen, aber es war trotzdem ganz witzig.
Die Tage hier gehen unglaublich schnell vorbei und obwohl wir erst etwas mehr als eine Woche hier sind, kommt einem die Zeit so viel länger vor. Man wird geflutet von neuen Eindrücken, die man
noch gar nicht alle verarbeiten kann.
Soo Freunde der Sonne, das soll dann der erste Eintrag aus Liuku gewesen sein, die nächsten sollten inerhalb der folgenden Tage kommen und sich um die Schule & den Unterricht und den
Besuch der Slums drehen.
In diesem Sinne, (Ahoi Philipp, falls du das liest)
再见 und bis bald,
Malte
Hygienemäßig ist das hier in Liuku so eine Sache. Erst einmal liegt wirklich viel Müll in der Gegend rum. Das liegt aber nicht daran, dass es keine Müllbeseitigung gibt; im Gegenteil, man sieht wirklich viele Straßenkehrer, Mülleimer und -leider- auch einige Müllsammler, die sich durch das Sammeln von Aluminium oder Plastik ihren Lebensunterhalt verdienen. Der Grund liegt vielmehr darin, dass die Menschen hier einerseits unglaublich viel Müll produzieren, indem sie alles in Plastiktüten oder Verpackungen einpacken, und sie diesen andererseits einfach auf den Boden schmeißen. Das läuft übrigens auch in den Restaurants so – was immer an Müll anfällt oder einem nicht schmeckt wird auf den Boden geworfen. Ich werde noch sehr lange brauchen, um mich daran zu gewöhnen.
Außerdem spucken die Chinesen überall hin
- und das mit einer beinahe beeindruckenden Lautstärke, bei der man sich fragt, wie ein gesunder, menschlicher Hals solche Laute erzeugen kann. Man stellesich vor - eine kleine Gruppe
unschuldiger Freiwilliger geht des Nachts eine dunkle Gasse entlang. Eine in Schatten gehüllte Person kommt ihnen entgegen. Als sie die gruppe fast passiert hat, ertönt plötzlich ein beinahe
ohrenbetäubendes CCCHHHHHRRRRRRRGGG, gefolgt von einem leisen Platscher. Ic hab mich mehr erschrocken als in jeder mittelmäßig guten Geisterbahn!
Der nächste Punkt sind die Toiletten. In China benutzt man Squattertoiletten, das heißt, dass man sich hinhockt, um sein Geschäft zu erledigen. In den öffentlichen Toiletten (Also auch die, die
wir an unserer Schule benutzen) hat man nur eine lange Rinne, die durch eine Hüfthohe Wände in regelmäßigem Abstand getrennt ist, was einem einen kleinen Sichtschutz bietet. Diese Rinnen werden
dann ungefähr alle 20 Minuten gespült. Den Geruch in diesen Toiletten kann man sich also, denke ich, vorstellen. Muss man aber nicht.
Zuletzt die Duschen. Die gibt es nicht. Stattdessen haben wir im Innenhof unseres Wohnblocks einen Platz mit ca. 25 Wasserhähnen und einem Abfluss, an dem man sich waschen kann. Tatsächlich ist
das aber gar nicht so schlimm, wir Jungs haben inzwischen das Ritual, dass wir früh morgens in Badehose zu dieser Waschstation gehen und uns gegenseitig kübeln – das heißt, wir befüllen eine
größere Schüssel mir Wasser und gießen es uns über den Kopf. Dabei wird man tatsächlich richtig sauber und es bringt sogar noch Spaß – auch wenn es sehr kalt ist (Zitat Kony:"Wir zittern nicht
vor Kälte, sondern aus Wut, dass es nicht noch kälter ist) und wir schon ein paar Mal dabei fotografiert oder gefilmt wurden.
Eigentlich sollte ich mich zurzeit schon in China befinden - vielleicht würde ich in diesem Moment kurz vor Ende der circa 3-tägigen Reise stehen, vielleicht aber auch schon verzweifelt auf der Suche nach unserer Unterkunft in Liuku herumirren. So oder so: dazu ist es nicht gekommen und noch werdet ihr mich wohl ein Wenig in Deutschland ertragen müssen.
Unser eigentliches Abflugdatum (der 3. September) wurde nach neuem Stand um eineinhalb Monate nach hinten, auf den 14. Oktober, verschoben. Der Grund dafür ist - möglichst kurz gefasst - eine
Verschärfung und Änderung der Visaregularien in der chinesischen Regierung. Das Ganze kam für uns recht unerwartet, auch wenn wir während unseres 2-wöchigen Vorbereitungsseminars in Eckernföre
darauf vorbereitet wurden, dass so etwas immer passieren könnte. Das liegt auch an der chinesischen Mentalität; eine Zusage ist erst dann eine Zusage, wenn sie kurz vorher noch einmal bestätigt
wurde. Man muss sich, wie uns gesagt wurde, im Reich der Mitte häufig auf spontane Änderungen einstellen. Das haben wir nun auch schon hier in Deutschland erfahren.
Es ist schon eine blöde Situation für uns, aber es hätte auch noch deutlich schlimmer kommen können. Wenn alles so klappt, wie es jetzt geplant ist, kommen wir nach China, wenn auch etwas später.
Im schlimmsten Falle hätte es sein können, dass das gar nicht klappt - so versuche ich mich zumindest zu motivieren ;).
Um noch einmal den Bogen zu meinem Websitenamen und dem Eingangstext zu ziehen (keine Angst, ich versuche, das nicht bei jedem Blogeintrag zu machen; hier passt es nur gerade so gut) : das erste Hindernis, auf das wir im Frontalkurs zugelaufen sind, hatte sich dann irgendwie doch als zu groß herausgestellt. Wir gehen also noch einmal ein paar Schritte zurück, sammeln uns, holen einmal tief Atem, um dann den 2. Anlauf zu starten. Diesmal klappt der Katzensprung dann aber hoffentlich.
Das war es dann auch ersteinmal von mir. Der nächste Eintrag sollte dann aus China kommen, ich gehe nicht davon aus, dass sich noch einmal etwas ändern wird. Soweit also erstmal eine schöne Zeit, ihr hört das nächste Mal von mir in 1 1/2 Monaten.