Über unsere sprachlichen Fortschritte...

… lässt sich leider vor allem sagen, dass sie wirklich nicht besonders erwähnenswert sind. Zumindest bisher habe ich eher ein paar nützliche Worte als ganze Sätze oder gar chinesische Grammatik gelernt. Und trotzdem lebe ich offensichtlich noch und bin nicht verhungert. Tatsächlich haben wir es sogar geschafft, uns Kontakte bei einigen Chinesen zu schaffen, die kein Englisch sprechen können. Und davon gibt es hier viele.

Vor allem liegt die schleichende Verbesserung der Sprachkenntnisse daran, dass uns von unserer Schule kein Chinesischunterricht angeboten wird, was wir ursprünglich gehofft hatten. Also müssen wir uns die Sprache selbst beibringen, was sich als sehr schwer herausstellt, da mich bisher keine der Lernmethoden so richtig überzeugt hat. Wir haben zwar viele zur Verfügung: Die Bücher der ehemaligen Freiwilligen, Memrise (eine Website/ App zum Vokabellernen), andere Onlinekurse oder Anleitungen… - aber davon hat mich bisher keine so richtig überzeugt. Im Moment bin ich dabei, zu versuchen, mir über ein paar chinesische Lieder und deren Liedtexte ein paar Worte beizubringen, bei diesen ist zumindest die Aussprache definitiv richtig. Außerdem muss ich ganz ehrlich zugeben, dass es häufig einfach an der Motivation mangelt, auch wenn die Zeit manchmal durchaus da wäre.
Der Fairness halber muss aber auch erwähnt werden, dass es für uns Europäer wirklich schwierig ist, Chinesisch zu lernen. Während Deutsch und Englisch viele Gemeinsamkeiten haben (die offensichtlichste das lateinische Alphabet), ist der Unterschied zu den asiatischen Sprachen sehr groß. Die silbenbasierte Sprache, die verschiedenen Töne und die Notwendigkeit, neben der Aussprache und den Worten in Pinyin auch noch die Schriftzeichen zu lernen, erschweren unseren sprachlichen Fortschritt.

Doch trotz all der sprachlichen Probleme, mit denen man hier konfrontiert wird, ist mir aufgefallen, dass die verbale Kommunikation für den Alltag gar nicht so wichtig ist, wie ich zuerst gedacht hätte. Denn solange man sich sieht und dadurch auf Mimik und Gestik zurückgreifen kann, ist die Verständigung mit dem Gegenüber gar nicht so schwierig. So haben wir uns zum Beispiel schon Kontakte zu verschiedenen Verkäufern gemacht, darunter die „Er-Kuai-Frau“, die Nudelsuppenfrau und die Obstfrau (bei der ich aber auch schon einiges an Geld gelassen habe, man kennt mich ja ;) ). Und das, ohne dass wir wirklich mit diesen Gesprochen hätten – am häufigsten hört man von uns ein „Ich brauche keine Tüte“ oder „Dankeschön“, worauf eigentlich immer ein „nichts zu danken“ erwidert wird. Vor allem ein freundliches Lächeln bringt einen immer weit.
Interessant ist auch, dass wir nicht die einzigen sind, die mit Händen und Füßen rumfuchteln, um sich verständlich zu machen; denn auch in Liuku werden verschiedene Sprachen gesprochen, die jedoch nicht alle beherrschen. Die meisten Einwohner der Stadt beherrschen Mandarin, also die offizielle Landessprache. Da allerdings über die Hälfte der Menschen aus Liuku der Lisu-Minderheit angehören, ist deren Sprache (also Lisu) ebenfalls sehr verbreitet. Außerdem sprechen einige Wenige auch Burmesisch, weil Liuku nahe an der Grenze zu Myanmar liegt. So kam es in der letzten Woche dazu, dass neben mir ein weiterer Fahrgast in den Minibus zurück nach Liuku gestiegen ist. Nachdem dieser sich nach ungerfähr 2 Minuten endlich fertig gefreut hatte, dass ein „Laowai“ (Langnase) mit ihm im taxi saß, fing er an, sich mit der Fahrerin zu unterhalten – und zwar so gut wie ohne Worte. Besagter Fahrgast hatte ein beeindrucken großes und verständliches Repertoire an Gesten benutzt, auf die man wirklich neidisch sein konnte.

Im Gegensatz dazu ist es allerdings sehr schwierig, sich mit Chinesen zu unterhalten, die man nicht sieht – heißt,  mit denen man telefoniert. Das kommt zum Glück nicht allzu häufig vor; die Anrufe von wildfremden Chinesen, die irgendwie an unsere Nummern kommen, werden inzwischen seltener, vielleicht drei pro Woche. Der einzige Kontakt, mit dem wir regelmäßig telefonieren müssen, ist der Wassermann, der uns mit Trinkwasser beliefert. Ein Gespräch läuft dabei ungefähr so ab:
Wassermann: „Hallo?“
Ich: „Hallo. Wir wollen Wasser!“ –wenn aus irgendeinem Grund nicht der Wassermann am anderen Ende der Leitung wäre, würde diese Person sich vermutlich ziemlich veräppelt vorkommen und direkt auflegen, was ja auch für uns am einfachsten wäre.
Wassermann: *für uns unverständliches Chinesisch, welches hoffentlich mit einem „hao“ endet*
Ich: „Wir sind die Ausländer an der Minzu Zhong Zhuan.“
Wassermann: *Meist noch längeres unverständliches Chinesisch, ich warte auf eine Pause*
Ich: „ Ich brauche drei Kanister Wasser.“
Im Optimalfall hätte er jetzt alles verstanden und würde nach einem „hao, hao“ auflegen – allerdings muss man häufig noch alles mindestens einmal wiederholen, bis er zu verstehen gibt, dass er gleich vorbeikommt. Aber immerhin: Bisher hat es immer geklappt und wir mussten nicht verdursten.

So viel zur Sprache, was war sonst so los?

Nun, wir wurden zu einem Polterabend und der darauf folgenden Hochzeit eingeladen. Dabei konnten wir uns ein bisschen mit unseren Nachbarn bekanntmachen und versuchen, das Mojiangspiel zu lernen – was aber kläglich gescheitert ist. Außerdem haben wir ein von uns im Rahmen des Slumkidsprojektes betreutes Kind besucht, welches weiter außerhalb der Stadt wohnt, da es krank war und länger nicht zur Schule gehen konnte. Aus diesem Grund haben wir uns auch dazu entschlossen, sie auf dem Rückweg mit ins Krankenhaus zu nehmen, inzwischen geht es ihr besser. Der Unterricht läuft soweit gut, wir lernen die Schüler besser kennen und diese trauen sich inzwischen etwas mehr zu sprechen.
Außerdem wurde ich von einer ehemaligen Freiwilligen angeschrieben, um mich zu informieren, dass ich früher angelegte Depositionen für „unsere“ Schulkinder von einer der Grundschulen abholen könnte. Also habe ich mich am nächsten Tag auf den Weg dorthin gemacht, tatsächlich hat alles geklappt, sogar besser als gedacht: aus den ursprünglich Angedachten 400 Kuai wurden 4200 und so habe ich mich ca. eine Stunde später mit 84 grünen Mao’s mehr in der Tasche auf den Rückweg gemacht.
Zu guter Letzt waren wir noch mit einer Lehrerin unserer Schule Pizza essen, um daraufhin den wunderschönen „Magic-Forest-Pfad“ an einem der Berghänge Liukus zu beschreiten. Damit kann ich die Galerie wieder etwas weiter auffüllen.

PS: Dieser Blogeintrag hat wieder etwas länger gebraucht – es lag aber diesmal nicht an Ratten (obwohl hier noch immer welche rumflitzen), sondern daran, dass ich in den Wochen sehr viele Mails schreiben musste, wodurch meine schreiberische Motivation etwas gelitten hat. Ich hoffe, das ist verzeihlich ;)

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