我不要 – 他要,他要

(~“Ich möchte das nicht – Er will, er will“). In diesem Blogeintrag möchte ich euch von zwei wunderschönen Nachmittagen Mitte Januar erzählen; da seitdem viel passiert ist, komme ich erst jetzt dazu, darüber zu schreiben. Wir haben endlich mal wieder die Kinder aus den beiden größten Slums besucht, diesmal allerdings zum Glück nicht wegen irgendeines Krankheitsfalles.

 

Der Januar ist in chinesischen Schulen Prüfungszeit. Dadurch hatten wir ab Anfang dieses Monats keinen Unterricht mehr – und zwar für zwei Monate, da danach die Ferien anfangen. Damit uns in dieser Zeit nicht langweilig werden sollte, hatten wir uns einiges vorgenommen. Das fing damit an, dass wir einige Freiwillige aus Pu’er zu uns eingeladen haben. Zuerst kamen Joana und Paula vorbei, bei denen ich über Weihnachten hatte schlafen dürfen. Innerhalb der knappen Woche, in der die beiden hier waren, haben wir ihnen das wunderschöne Liuku gezeigt, selbst ein paar neue Bekanntschaften geschlossen – und eben auch die Slums besucht.
Diese generellen Besuche sind dafür gut, um sich nach dem Befinden der Kinder zuhause und in der Schule zu erkundigen. Außerdem können wir so unsere Beziehungen zu den Kindern etwas ausbauen. Diesmal hatten wir sogar noch ein paar Mützen und Söckchen dabei, die mir von einer Ehemaligen als Spende mitgegeben wurden.

 

Der ursprüngliche Plan war, dass wir neben dem standardmäßigen Obst (es ist einfach unhöflich, ohne jegliches Gastgeschenk bei jemandem unangekündigt vorbeizuschneien) und den gestrickten Spenden auch noch Papier und Stifte mitzubringen. Mit diesen wollten wir dann Papierflieger- und Schiffchen basteln und bemalen. Nachdem wir uns also versichert haben, dass es den Kindern im XSB-Slum soweit gut geht, ging es ans basteln. Dabei hatten die Kleinen schon sehr viel Spaß, und ziemlich schnell hatten wir eine Ansammlung von quietschbunten Booten und Fliegern (letztere flogen allerdings kaum weiter als 5 Meter, bevor sie kehrtmachten und den Werfern in die Augen pieksten). Dann kam allerdings noch die einfache, aber geniale  Idee von Joana, mit den Kindern zum NuJiang zu gehen und die Papierboote schwimmen zu lassen. Die Eltern waren damit einverstanden – da wir zu viert waren konnten wir gut auf die acht zurzeit Anwesenden aufpassen – und die Kinder hatten erst recht Bock darauf.

Gesagt, getan: Wir wurden zu einem schönen Stückchen Sandstrand am NuJiang geführt, wo wir unseren Plan in die Tat umsetzten. Hier machte das Gewässer seinem Namen alle Ehre: der „verärgerte Fluss“  wollte die kleinen Papierknäuel nämlich so gar nicht, wie von uns erhofft, nach Süden gen Laos tragen. Stattdessen spuckte er die Früchte unserer Arbeit einfach wieder ans Ufer. Welch eine Frechheit! Das dachte sich wohl auch einer der Jungs, der daraufhin damit anfing, möglichst Große Steine ins Wasser zu schleudern. Anders könnte ich mir sein Verhalten zumindest niemals erklären ;)


Irgendwann waren dann doch alle Schiffchen fortgetrieben oder lagen als traurige, komplett durchweichte Häufchen im Sand.

Doch erneut war es damit noch nicht getan. Wie das am Strand so ist, haben einige der Kinder bald damit angefangen, Burgen und Gräben zu buddeln. Dazu gesellten sich kurz darauf noch einige Herzchen und eine Schildkröte, die etwas später sogar noch Nachwuchs um sich herum bekam. Weiterhin haben wir damit angefangen, verstecken zu spielen – „angefangen“, da ich der Suchende/Fangende war und die Kinder auf den nahe liegenden Steinfeldern viel flinker waren. Während sie fast im selben Tempo wie vorher über die Steine geschwebt sind, musste ich bei ungefähr jedem Zweiten mit einem nicht sehr mannhaften, spitzen Schrei ausweichen. Dadurch konnten sich ein paar der Kinder meinem gnadenlosen „Tick“-Finger entziehen. Also musste ich schlussendlich schweren Herzens aufgeben. Nach einigen Handständen und Rollen im Sand und Brummkreiseln mit den Jungs war die Schmach meiner Niederlage allerdings schnell wieder vergessen.

Kurz vor Ende des kleinen Ausflugs fing dann noch einer der Jungs an, die Anderen (vorzugsweise mich) mit Matsch einzuschmieren. Ich äußerte natürlich vehement, dass ich das nicht wollen würde – allerdings wurde meine Überzeugungskraft und Autorität dadurch beeinträchtigt, dass die drei Mitfreiwilligen immer wieder 他要 (er will) riefen. Außerdem meinte ich es da gar nicht so ernst mit.
Völlig versandet und erschöpft, aber glücklich ging es daraufhin zurück nach Hause. Die Mützen hatten wir völlig vergessen.
 
Doch dafür war auch am nächsten Tag noch Zeit, als wir im XSGY-Slum etwas Origami gelernt haben. Im Gegenzug dafür konnte ich den Kindern beibringen, wie man Papierschächtelchen faltet. Außerdem flogen erneut ein paar Papierflieger (diesmal sogar etwas weiter, ohne danach umzudrehen) und wir malten zusammen einige Bilder. Tatsächlich vergaßen wir diesmal nicht, die Strickspenden dort zu lassen.

Zwei Tage darauf haben sich Joana und ich auf den Weg nach Lijiang gemacht, um uns dort mit Sebastian, auch aus Pu’er, zu treffen. 丽江 war die erste Etappe auf meiner insgesamt vierwöchigen Reise durch Yunnan. Doch dazu komme ich erst im nächsten Eintrag ;)

Liebe Grüße an alle,
„ihr wisst wer da schreibt“

PS: Auch ja, ein erneuter Umzug war da ja auch noch. Zumindest für unsere Betten, denn von jetzt an müssen wir in einem neuen Domizil auf dem Schulgelände schlafen, welches wir liebevoll „die Garage“ nennen. Das liegt wohl daran, dass sie ein Garagentor als Eingang hat(te), sie total dreckig ist, nach ätzenden Chemiekalien riecht und direkt neben der Kantine liegt. Aber Naja, wir kommen schon klar, letzten Endes müssen wir nur darin schlafen, die Wohnung oben dürfen wir tagsüber noch nutzen. Ein bisschen sinnlos, da der Grund für den Umzug der Betten war, dass die zweite Wohnung nun einsturzgefährdet sei.

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