Unsere Schule - 怒江州民族中专

Während des Jahres in China ist die Minzu Zhong Zhuan unser Wohnort, in dem wir uns insgesamt die meiste Zeit aufhalten werden. Minzu steht dabei für Minderheiten, was unter anderem bedeutet, dass spezielle Veranstaltungen für die verschiedenen Minderheiten, die in Liuku vertreten sind, veranstaltet werden. Zhong Zhuan ist eine Kurzform für eine Berufsschule, an der viele unterschiedliche Ausbildungen angeboten werden – einige Beispiele sind Krankenschwestern, Mechaniker und Köche.


Insgesamt muss ich aber leider sagen, dass unsere Schule schon in einem recht schlechten Zustand ist. Es ist ein typisch kommunistischer Komplex aus Gebäuden: vor 40 Jahren im Sinne der Planwirtschaft errichtet und seitdem nicht wirklich renoviert worden. Die 2 sechsstöckigen Unterrichtsgebäude sind mit Beamern und Lautsprechern zwar noch recht gut ausgestattet – die dormitorys, also Schlafgebäude/räume, sind dafür katastrophal. In dem Durchschnittszimmer stehen 6 Hochbetten, also müssen 12 Schüler in einem maximal 50 m² großen Raum zusammen schlafen. Und das ist noch nicht einmal der engste Schlafraum: da die Schule im Moment hoffnungslos überfüllt ist, wurden die alten Fitnessräume ebenfalls zu Schlafzimmern umfunktioniert, wobei in diesen geschätzt 60 Schüler nächtigen müssen. Dabei haben besagte „Betten“ eine solche Bezeichnung eigentlich gar nicht verdient, es ist mehr ein Holzbrett, das von ein paar Metallstangen über dem Boden gehalten wird. Die Fenster sind vergittert, über die hygienischen Zustände wisst ihr ja bereits Bescheid, das Kantinenessen ist ebenfalls nicht das Gelbe vom Ei – es erinnert schon ein bisschen an ein Gefängnis. Da haben wir es mit unseren Zimmern zum Glück deutlich besser getroffen.
Ansonsten haben wir noch einige Toilettengebäude, einen mittelgroßen, asphaltierten Sportplatz, auf dem fast immer Basketball gespielt wird, einen winzigen Spielplatz, einen kleines Fahrschulübungsgelände (eigentlich nur ein Parkplatz mit ein paar Linien drauf, auf dem mit maximal Schrittgeschwindigkeit gefahren wird) und einige freie Plätze vor den Gebäuden.

Die Schüler an der Minzu sind ebenfalls sehr – interessant. Um mal ganz direkt zu sein: Hier läuft ein wildes Gemisch aus - nun sagen wir, recht speziellen Schülern rum. Das bemerkt man gerade bei den Jungs: Kleidungsmäßig sieht man viel Glitzer und Schickimicki, viele sind mit 14 Jahren bereits kräftig am Rauchen (wobei das in China sowieso so eine Sache ist) und manchen Oberkörper ziert bereits das eine oder andere Tattoo. An vielen Ecken wird spontan Musik gespielt, einige Jungs besitzen eine Gitarre, es gibt einen Klavierraum und einem der „Fensterboys“ (so haben wir eine Gruppe von Myanmarern getauft, die oft vor unseren Fenstern gespielt haben) gehört sogar eine Trommel. Witzigerweise sind die Schüler an unserer Schule trotzdem sehr viel schüchterner als die Mädchen. Das merkt man einerseits im Unterricht, andererseits aber auch in den Pausen: Fast immer, wenn man an einer Gruppe Mädchen vorbeigeht, kommt einem schnelles „Hello“ entgegen. Wenn man das dann sogar noch erwidert, hört das Gekicher nicht mehr auf. Die Jungs sind da etwas zurückhaltender. Übrigens hört man außer der englischen Begrüßung auch ab und zu ein „how are you, teacher?“, „I love you, teacher!“ oder einen kleinen Applaus. Das ist zwar schon etwas merkwürdig und unangenehm, aber irgendwie auch ganz nett.
Auch wenn einige Schüler an der Schule ein wenig seltsam drauf sind, sind die Meisten wirklich freundlich und gut drauf und es bringt Spaß, hier zu unterrichten!

Die Lehrer. Tja, die sind hier so eine Sache. Einen Schulleiter gibt es nicht, unsere Ansprechpartnerin ist die Leiterin der Englischfachschaft. Diese zeigt aber überhaupt kein Interesse an uns oder unserer Arbeit und ist auch organisatorisch ziemlich schlecht. Selbst für chinesische Verhältnisse: als wir uns mit ihrer Hilfe Internet holen wollten, hat es mehrere Tage und etliche Anrufe gedauert, bis endlich etwas passiert ist. Die anderen Englischlehrer ignorieren uns meist einfach: Man betritt den Klassenraum, die Englischlehrerin ist noch da. Sobald sie einen bemerkt, drückt sie sich schnell mit einem gemurmelten „have fun“ an einem vorbei und ist weg.
Das Englischniveau der Lehrkräfte möchte ich dabei lieber gar nicht ansprechen.
Die einzige Ausnahme ist eine Englischlehrerin, sie ist meist recht freundlich und hilfsbereit und ihr Englisch ist deutlich besser als das aller anderen Lehrer.

 

Unsere grandiosen Zeichnungen (und einige von Schülern) zum Thema "What do you like to eat?" in der Yi-1-Klasse.
Unsere grandiosen Zeichnungen (und einige von Schülern) zum Thema "What do you like to eat?" in der Yi-1-Klasse.

Wir haben nun seit einer Woche Unterricht; Krisi und Konrad sowie Tom und ich haben 11 Stunden in der Woche. Unser Ziel war dabei in der ersten Woche, das erst einmal das Niveau der Schüler und die Klassen an sich kennen zu lernen. Letztere sind meist gut drauf und einfach zu begeistern, zum Teil aber auch etwas schüchtern, was sich vor allem in der Sprechlautstärke äußert. Nach mehrmaligem „CAN YOU SPEAK LOUDER, PLEASE?“ und dazu passender, übertriebener Gestik steigert sich dann die Lautstärke auch oft um ein paar Dezibel.
Unsere ersten Themen waren Fragen wie „What is your name?“ – „How old are you?“ – und „How are you?“, wobei einige Klassen selbst da schon stark an ihre Grenzen gestoßen sind. Das ist aber auch kein Wunder bei den Lehrern, dem Englischbuch und dem chinesischen Schulsystem allgemein. Dieses besteht zum größten Teil aus Auswendiglernen und dem Lehrer nachplappern, ohne zu verstehen. So bekommt man zum in vielen Klassen auf die Frage „How are you?“ die Antwort „I am fine, thanks. How are you?“, ohne dass die Schüler wirklich wüssten, was sie da eigentlich sagen.
Es gab auch einige etwas bessere Klassen, wie die Yi (etwas in Richtung Arzt) oder die Huli (Krankenschwestern), aber das sind eher Ausnahmen.

Eines noch: in der Einleitung hatte ich spezielle Veranstaltungen für die Minderheiten erwähnt: eines dieser „Feste für Kulturoffenheit im Nujiang-Tal an der Minzu Zhong Zhuan“ durften wir uns bereits anschauen. Verschiedene Gruppen haben einen Act als Teil und Präsentation ihrer Kultur vorgeführt, die meisten waren Tanz - oder Gesangseinlagen. Die ganze Schule hatte sich abends  auf dem Sportplatz zu versammeln, auf dem eine recht gute Bühne und Technikanlage aufgebaut wurden.


Andere Länder, andere Sitten: Das Essen

In einem chinesischen Restaurant in Deutschland bekommt man anders Essen als in China, das war mir schon bewusst – in besagten Restaurants ist das Essen auf westliche Ansprüche angepasst und repräsentiert meist auch eher die östliche Küche. Aber dass es sich am Ende so sehr unterscheidet, hätte ich nicht gedacht.
Ich liste hier einfach mal ein paar Speisen auf, die wir bisher genießen durften:
BaoZe: Faustgroße Teigfladen, meist mit einer Fleischfüllung. Die Dinger sind sehr lecker und kosten nur 1
, also ca 15 ct das Stück. Bekommt man aber nur früh morgens.
XiaoLongBao: Das gleiche, nur in klein. Auch sehr gut, kostet aber etwas mehr.
Gebratener Reis mit etwas Gemüse drin: Muss man wohl nichts zu sagen.
Gebratene Nudeln: Entweder Reis - oder Getreidenudeln, die sich noch mal in verschiedene Sorten je nach Form aufteilen. Sind meist recht scharf, aber wenn richtig gemacht sehr lecker.
Nudelsuppe: Wieder mit verschiedenen Sorten, ebenfalls scharf, ebenfalls gut.

Dishes: Man wählt verschiedene Gemüse- oder Fleischsorten aus (wobei das Fleisch recht teuer und gar nicht soo lecker ist, weshalb ich darauf eher verzichten möchte), die dann gebraten und zusammen mit einem Pott Reis serviert werden. Dabei sitzt man meist an einem runden Tisch, auf dem in der Mitte eine drehbare Platte steht, sodass man alle Speisen einfach erreichen kann. Eine typische Beilage ist zB Tomate-Ei, was sehr gut zu dem Reis passt. Allgemein ist in vielen Sachen Ei drin – und überraschenderweise mag ich das sehr gerne. In Deutschland habe ich kaum Eier gegessen, hier hingegen werde ich wohl zu einem richtigen Eier-Fan.
Barbeque: Eigentlich dasselbe wie Dishes, nur mit einem Grill ;)
 Außerdem gibt es noch einige weitere Genüsse, die ich aber noch nicht benennen kann. Aber das sollte für einen kleinen Überblick eigentlich so reichen.
Übrigens habe ich den Anspruch an mich selbst, so viel wie möglich zu probieren – bisher hat das auch ganz gut geklappt. Heuschrecken waren zwar noch nicht auf meinem Teller, dafür aber ein Hühnerkopf- und Bein. Ich halte euch auf dem Laufenden, falls noch andere spannende Tierchen oder Gemüsesorten dazukommen sollten.

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