Chinesische Krankenhäuser

Innerhalb der letzten 2 Wochen habe ich insgesamt sechsmal zwei verschiedene Krankenhäuser besucht. Keine Sorge, keinen von uns Freiwilligen hat es ernsthaft erwischt, dafür aber zwei unserer Slumkinder. Über den einen Besuch hatte ich beim letzten Eintrag schon kurz geschrieben, die Schülerin hatte eine Darminfektion. Wesentlich schlimmer hatte es da ein Drittklässler, der einen Blinddarmdurchbruch erlitten hat. Dementsprechend war die letzte Zeit auch für mich als Koordination ziemlich stressig.


Für das Baumhaus-Magazin sollte ich abschließend einen Artikel und Spendenaufruf schreiben; diesen werde ich hier einfach auch benutzen. Er ist zwar recht sachlich geschrieben, gibt aber einen ausführlichen Überblick über die Situation.  Und immerhin hört ihr dann mal wieder was von mir. Da ich in der letzten sehr viele Mails und Texte schreiben musste, werde ich dem Artikel nicht soo viel hinzufügen – den nächsten Eintrag verfasse ich dann wieder mit etwas mehr Zeit.


Das oberste Ziel des Slumkidsprojektes in Liuku ist es, den Baumhaus-Patenkindern eine Schulbildung zu ermöglichen. Doch dazu gehört mehr, als die Einschulungsgebühr für das Kind zu bezahlen und einen Platz an einer Schule zu organisieren. Wir Freiwilligen vor Ort müssen nämlich außerdem sicherstellen, dass die jungen Schüler auch wirklich zum Unterricht erscheinen können. Deshalb unterstützen wir die Familien zusätzlich bei einigen Krankheitsfällen der Patenkinder, falls wir zu dem Schluss kommen, dass unsere Hilfe in diesem Fall sinnvoll ist und wirklich benötigt wird.
So einen Fall hatten wir in den letzten zwei Wochen.

A Pi Da ist ein zehnjähriger Junge, der mit seinen Eltern und sieben Geschwistern in dem zweitgrößten, von uns betreuten Slum lebt.
Bereits im März 2015 hatte er einmal an so starken Schmerzen im Bauchraum gelitten, dass ihn die damaligen Freiwilligen ins Krankenhaus gebracht haben – die Untersuchung hatte jedoch nichts ergeben. Gegen Ende November hatte er erneut sehr starke Schmerzen bis hin zu Krämpfen - nachdem seine Eltern ihn zum Krankenhaus brachten, lautete die Diagnose: Blinddarmdurchbruch.
Dementsprechend folgte am Tag drauf die Operation, die der Drittklässler gut überstanden hat. Für ihn hieß es nun eine Woche im Krankenhaus warten, um die Wunde verheilen zu lassen und ihm etwas Ruhe zu gönnen.

Tatsächlich wurden wir erst 4 Tage nach dem Eingriff über die Situation informiert, da der Vater, der unsere Kontaktdaten hat, erst dann zurück nach Liuku kam. Mit der finanziellen Lage überfordert sind sie an uns mit der Bitte, die Familie zu unterstützen, herangetreten. Da die Eltern (und damit auch die Kinder) nämlich nicht registriert sind, erhalten diese keine Unterstützung vom Staat. Solch eine Behandlung ist für chinesische Verhältnisse mit insgesamt ca. 7000 Yuan (Umgerechnet ~1000 €) sehr teuer. Auch die Bezahlweise läuft sehr anders als in Deutschland ab – Bevor man eine Pauschalgebühr von 3000 Yuan bezahlt hat, wird man nicht operiert. Diese Gebühr konnte sich die Familie zum Glück kurzfristig mit Mühe und Not von mehreren Nachbarn leihen.
Um nun zu prüfen, ob wir die Krankenhauskosten übernehmen würden, mussten wir uns ein Bild von der Situation machen. Also besuchten wir A Pi Da im Krankenhaus am Tag drauf, stellten etliche Fragen zum Ablauf der Behandlung, den verschiedenen Gebühren und seinem derzeitigen Zustand. Der Junge wirkte wegen unserer ganzen Fragerei an seinen Vater zwar etwas verunsichert, aber es ging ihm den Umständen entsprechend wieder recht gut. Auch wenn man ihm die Folgen der Krankheit und der Operation ansehen konnte, vermochten wir es trotzdem ihm mit dem mitgebrachten Obst und einem Kuscheltierhäschen ein Lächeln auf sein Gesicht zu zaubern.
Am folgenden Tag wurde A Pi Da aus dem Krankenhaus entlassen.

Doch damit war der Kleine noch nicht genesen. Eine halbe Woche später wurden wir erneut kontaktiert; die Wunde habe sich entzündet und wieder geöffnet. Also haben wir uns sofort auf den Weg zu ihm nach Hause gemacht, um die Lage zu begutachten. Es wurde aber sehr schnell klar, dass der Junge erneut ins Krankenhaus musste. Vor Schmerzen war er überhaupt nicht ansprechbar, seinen Familienmitgliedern stand die Sorge um ihn deutlich ins Gesicht geschrieben.
Allerdings musste die Behandlung von Seiten der Ärzte leider noch 2 Tage warten. Als er endlich untersucht werden konnte, war es ihm kaum noch möglich, sich mit eigener Kraft aufrecht zu halten und musste von seinem älteren Bruder gestützt werden.
Seine Wunde wurde im Folgenden gesäubert und erneut genäht, sie hatte sich vermutlich aufgrund schlechter hygienischer Verhältnisse in seinem Umfeld entzündet. Dennoch wurde er nach der Behandlung trotz mehrfachen Protestes von unserer Seite wieder nach Hause geschickt, da sein Gesundheitszustand nicht schlecht genug sei, um ein Bett in Anspruch nehmen zu können. Es wurde noch der Tipp gegeben, Honig auf die Wunde zu schmieren, um einer erneuten Infektion vorzubeugen – was zwar tatsächlich hilfreich ist, uns in der Situation trotzdem nicht wirklich beruhigte.
Weitere zwei Tage darauf folgte eine erneute Untersuchung. Glücklicherweise wirkte A Pi Da nun schon deutlich fitter, er konnte selbständig gehen und einige Späße machen. Auch wenn das säubern der Wunde ihm noch immer sichtlich Schmerzen bereitet hat, ist diese schon deutlich besser verheilt. Wir sind optimistisch, dass er innerhalb der nächsten Tage wieder komplett gesund werden wird.

Wir wollen sicherstellen, dass alle unsere Baumhaus-Patenkinder eine Schulbildung erhalten können, damit diese eine Chance auf ein Leben außerhalb der Slums haben. Um die Familien auch weiterhin bei neuen Notfällen finanziell unterstützen zu können, brauchen wir Ihre Hilfe! Schon fünf Euro können uns wirklich weiterhelfen! Spenden mit dem Verwendungszweck „Medizinische Notfälle im Slum“ werden für solche Situationen genutzt werden. Die Bankdaten lauten:

Name:   Peter Jochimsen Stiftung
IBAN: DE45 21050170 1001630662
BIC: NOLADE21KIE
Konto Nummer: 1001630662
Bankleitzahl: 210 501 70
Bank: Fördesparkasse

Wir danken ihnen im Voraus vielmals für Ihr Mitgefühl und Unterstützung!



So, jetzt noch ein paar persönliche Eindrücke von mir. Allem voraus erst einmal: ich habe echt genug von den chinesischen Krankenhäusern! Da ist die äußerst fragwürdige Entscheidung, A Pi Da unter Schmerzen wieder nach Hause zu schicken – nach unserem Nachhaken meinte der Arzt übrigens noch, dass in dem Krankenhaus sowieso mehr Erreger als bei ihm zu Hause rumfliegen würden.  Der Ständige Geruch von Zigarettenqualm, Chlor und Blut ist fast genauso schlimm wie die Zimmer, in denen die Patienten auf engstem Raum untergebracht sind. Da man vor jeder Behandlung oder Untersuchung bezahlen muss, kann es vorkommen, dass der Patient mehrmals lange Strecken alleine bewältigen muss. Es gibt zwei Gebäude, das eine hat Aufzüge, das andere nicht. Dadurch kann es vorkommen, dass man selbst mit gebrochenem Bein Treppen steigen müsste. Und diese Treppen sind dabei noch nicht einmal gleichmäßig.
[Anmerkung: Ich bin gerade ein wenig unzufrieden mit den Beschreibungen – eigentlich müsste man so ein Krankenhaus mit eigenen Augen von innen gesehen haben, um sich ein richtiges Bild zu verschaffen.]

Ansonsten haben wir es tatsächlich geschafft, Kleidung aus den Kleidungscontainern der Vorgängergenerationen loszuwerden – nach etwas hin und her haben wir Kontakt mit einer Privatgruppe in Fugong (dem Bezirk nördlich von Lushui) hergestellt. Diese ist dann mit einem Minibus vorbeigekommen, in den wir überraschenderweise alles reingestopft bekommen haben, was wir vorher rausgesucht hatten; immerhin 45 Kisten und 15 Säcke Kleidung!


Ein kleines Update:

A Pi Da geht es jetzt wieder gut, ich habe ihn am 17.12 zuhause besucht, um das Geld zu übergeben. Damit können wir endlich ein Häckchen hinterdie ganze Geschichte setzen.














Auf dann, der nächste Eintrag kommt vermutlich Ende Dezember, von daher möchte ich euch schon mal frohe Weihnachten wünschen!    再见  ;)

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